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«Führung verlangt eine grosse Anpassungsfähigkeit»

Anne-Sophie Spérisen leitet die Firma SOLO Swiss AG in Pruntrut (JU) seit 15 Jahren. SOLO stellt Industrieöfen für die thermische Metallbearbeitung her und verkauft diese weltweit. Nach ihrem Masterabschluss in Wirtschaft und ein paar Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie in den USA, kehrt sie in die Schweiz zurück und tritt in die Firma SOLO in Biel ein. Als diese Firma später in Schwierigkeiten steckt, kaufen Anne-Sophie Spérisen und ihr Mann das Unternehmen.

Wie schaffen Sie es, die Arbeit mit dem Privatleben unter einen Hut zu bringen?

Als verheiratete Frau ohne Kinder, bin ich nicht gezwungen zwischen Familien- und Berufsleben zu pendeln. Andererseits ist es auch schwieriger ein Gleichgewicht zwischen dem Privatleben und dem sehr anspruchsvollen Berufsleben zu schaffen. Da ich die Leitung der SOLO-Gruppe mit meinem Mann teile, hat jeder von uns zugeteilte Verantwortlichkeiten und wir ergänzen uns sehr gut, was ein grosser Vorteil ist. Ausserhalb der Arbeit, haben wir viele Reisen auf der ganzen Welt unternommen, dank auch einem Reisebüro, das ich in Neuenburg gegründet hatte. Mittlerweile versuchen wir regelmässig uns in unser Bergchalet zurückzuziehen, um die Batterien wieder zu laden, die Höhenluft zu geniessen und zur Ruhe zu kommen.

Sie leiten als CEO ein Unternehmen das in einem sehr stark von Männern geprägten Umfeld tätig ist. Wie erleben Sie das? Welche Art Leaderfigur sind Sie?

Ich habe damit nie Probleme gehabt. Diese Situation war für mich nie schwierig und habe mich diese Frage auch gar noch nie gestellt. Seit meiner Kindheit habe ich schon immer Leistungssport betrieben, wo wir Mädchen stets in der Minderheit waren. Somit ist mir ein solches Umfeld nicht fremd. Ich habe dies immer als spielerisch und bereichernd erlebt und nie als Problem. Wir Frauen ticken anders und gewisse Verhaltensweisen bringen mich zum Schmunzeln, aber grundsätzlich fühle ich mich sehr wohl in diesem männlichen Umfeld.

Was für eine Leaderfigur ich bin …? Ich bin der Meinung, dass die Führung sich an die Situation anpassen muss, an den Kontext und vor allem an die zu führenden Personen. Je nach Situation bin ich die Führende, Teilnehmende, strategisch Orientierte, Visionärin oder Ausbildende…… speziell von Lernenden. Dieses Jahr bilden wir 8 Lernende in 5 verschiedenen Berufen aus. Ich denke, Führung verlangt eine grosse Anpassungsfähigkeit und eine starke Persönlichkeit. Zudem entwickelt man sich durch die Art der angewandten Führung weiter. Ich bin ein sehr strukturierter und gut organisierter Mensch. Die Erfahrung hat mich aber gelehrt, mehr auf meine Intuition und mein Gefühl zu vertrauen und trotzdem aufmerksam zu bleiben… ich wiederhole, diesbezüglich sind Frauen und Männer verschieden.

Was halten Sie von frauenspezifischen Netzwerken? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Ich denke, es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Kontakte zu knüpfen. Im Rahmen von Sitzungen oder informellen Treffen. Ich hatte in meiner beruflichen Laufbahn das Glück, Frauen in leitenden Positionen oder in politischen Ämtern zu begegnen, mit denen ich über all die Jahre einen ehrlichen und wohlwollenden Austausch pflegen konnte. Dies ist sehr bereichernd! Ich war auch Mitglied des Clubs für Unternehmerinnen und hatte das Privileg 2005 den Preis für die Unternehmerin des Jahres zu erhalten.

Arbeiten Sie in Ihrem Unternehmen nach dem Prinzip des “Diversity-Management“? Wenn ja, was bringt es Ihnen als Frau und dem Unternehmen?

Auf diesem Gebiet betreibt unser Unternehmen keine klar definierte Politik, denn dafür sind wir zu klein, auch wenn wir ein Werk in China betreiben und unser Team im Jura sehr gut mit den chinesischen Technikern in einem ganz und gar unakademischen Englisch zusammenarbeitet. Aber die Dinge passieren ganz natürlich und die Kompetenzen werden immer vorgezogen. Für ein KMU ist es im Jura nicht immer einfach das notwendige Personal zu finden und Bewerber für die verschiedenen Arbeitsstellen gibt es nicht viele! Man trifft jedoch immer mehr Frauen in den Werkhallen und ich würde mich freuen, Frauen auch für die Montage oder das Schweissen einstellen zu können. Das Interesse der Mädchen an der Technik muss aber schon in der Schule geweckt werden. Nichtsdestotrotz beschäftigen wir Konstruktionszeichnerinnen, 4 Filialleiterinnen oder Leiterinnen von Business Units, eine Logistikerin… aus mehr als zehn verschiedenen Ländern. Ausserdem sind wir in der glücklichen Lage, Lernende ausbilden zu können, was sich sehr bewährt. Die Mitarbeiter verhalten sich sehr rücksichtsvoll gegenüber den Lernenden und wollen ihnen ihr Wissen weitergeben. Jedes erworbene Diplom wird wie ein Sieg für die ganze Belegschaft gefeiert und ich gebe zu, dass es manchmal kein Kinderspiel ist.

Zum Abschluss möchte ich anfügen, dass man nicht darauf warten soll bis die Hürden sich von selbst auflösen und man soll sie überspringen ohne sich zu sehr aufhalten zu lassen!

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