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Flexibilität, Innovation, Vernetzung und der Einbezug der Mitarbeitenden zählen zu den Erfolgsfaktoren in der Krise

Wie haben MEM-Unternehmen aus der Zulieferindustrie den Corona-Schock erlebt? Welche strategischen und operativen Massnahmen haben sie ergriffen? Und wie sieht die «neue Normalität» aus? Sechs CEO haben in einem Livestream Einblick in den krisengeschüttelten Geschäftsalltag gegeben.

Der Einbruch kam schlagartig, die wirtschaftliche Erholung wird Zeit brauchen. Wie Firmenvertreter aus der Zulieferbranche mit dieser Situation umgehen, war das Thema des Livestreams «Wege aus dem Schock – persönliche Erfolgsfaktoren von 6 Zulieferfirmen» vom 4. Juni 2020. Sie standen zunächst dem Moderator Matthias Weibel, Geschäftsführer des Raiffeisen Unternehmenszentrums RUZ, Red und Antwort. Anschliessend gingen sie auch auf Fragen von Teilnehmenden ein. Nachfolgend greifen wir stichwortartig ein paar Themen heraus, der Event in voller Länge steht online zur Verfügung. Der Livestream ist aus der Zusammenarbeit der ZMIS (Zulieferer der MEM-Industrie Schweiz) von Swissmem und dem RUZ entstanden.

Automatisierung und Digitalisierung

Für die FAES-PWR Estech AG (Estech Industries AG) hat sich ihr hoher Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad bewährt. Die Produktion läuft rund um die Uhr. Damit kann das Unternehmen sehr schnell auf Veränderungen bei der Nachfrage reagieren und sichert so die Konkurrenzfähigkeit. Diese «atmende Fertigung», wie CEO Reto Crestas das bezeichnet, ist momentan umso mehr von Bedeutung, als auch der Kunde derzeit nicht planen kann. Um die Digitalisierung voranzutreiben, verfolgt der Betrieb Projekte mit Universitäten und Fachhochschulen; das Ziel ist, den gesamten «Closed loop» von Fertigen, Bearbeiten und Messen über Korrigieren zu automatisieren und künstliche Intelligenz einzusetzen.

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit

Dieter Schmid, Mitinhaber der Coobx AG, erzählt, wie sie als Maschinenbauer kurzerhand auf die Anfrage eines grossen Schweizer Labors reagiert haben. Dieses brachte die Idee auf, Teststäbchen zu drucken um die Kapazitäten zu erhöhen. Obwohl die additive Fertigung eigentlich nicht zu den Tätigkeitsfeldern des Unternehmens gehörte, hat man sehr schnell eine neue Produktionslinie für Teststäbchen aufgesetzt. Mittels 3D-Druck lassen sich diese nach individuellen Vorgaben herstellen. Die Firma kann so einen Teil der Margeneinbrüche kompensieren. Es ist inzwischen geplant, die Technik weiterzuverfolgen mit dem Ziel, dadurch den Kunden einen Mehrwert zu bieten und zudem in der Schweiz und Europa produzieren zu können, weil dieses Verfahren für gewisse Teile kostengünstiger ist als der traditionelle Spritzguss.

Die Cantin SA wiederum, ein Zulieferer für Blechteile, hat innerhalb von zwei Wochen ein eigenes Produkt entwickelt, den Desinfektionsspender «William». Die Bedienung erfolgt einfach und hygienisch per Fusspedal. Das Produkt wird vollumfänglich in der Schweiz hergestellt. Man habe lernen müssen, dass man selbst mit einer guten Risikoanalyse nicht auf alles vorbereitet sein könne, erklärte CEO Frédéric Englund. Wichtig sei da ein dynamisches und motiviertes Team, das ständig am Puls bleibt und kreative Lösungen findet.

Verschiedene Standbeine zu haben, hilft wiederum der Durrer Spezialmaschinen AG durch die Krise. Vor zwei Jahren entschied man sich laut CEO Ludwig Durrer, zusätzlich auch auf Vakuumtechnologie zu setzen. Diese kommt unter anderem in der Medizinaltechnik zum Einsatz, was in der Corona-Krise zu einer verstärkten Nachfrage geführt hat.

Vom Zulieferer zum Systempartner

Reto Crestas hält fest, dass die aktive und enge Zusammenarbeit mit dem Kunden ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Man müsse sich als Systempartner verstehen, in geeigneter Weise Wertschöpfungsschritte integrieren und einen Rundum-Service bieten. Es geht auch darum, für den Kunden und gemeinsam mit ihm die beste Lösung zu finden, Produkte weiterzuentwickeln, die Qualität zu verbessern oder Kosten zu senken.

Innovationen angehen

CEO Thomas De Martin, De Martin AG Surface Technology, möchte hinsichtlich der Corona-Krise nicht von einem «Schock» sprechen. Nach 2009 und 2015 sei man sich «Meteoriten-Einschläge» eigentlich gewohnt, erklärt er. Zudem hätte sich auch bereits in der für sie wichtigen Automobilindustrie eine nachlassende Dynamik abgezeichnet. Deshalb entwickelt man Szenarien und versucht, frühzeitig Indikatoren wahrzunehmen, um darauf reagieren zu können. Zudem investiert das Unternehmen trotz Krise bewusst weiter in die Entwicklung und Technologie und treibt Innovationsprojekte voran. Die freie Zeit durch wegfallende Aufträge werde genutzt, um Prozesse zu implementieren und die Firma fit zu machen. Denn eines sei sicher, hält Thomas De Martin zuversichtlich fest, jede Krise sei irgendwann auch wieder vorbei.

Tragfähige Unternehmenskultur

Sowohl Ludwig Durrer als auch Eric von Ballmoos, CEO Benninger Guss AG, betonen die Bedeutung einer guten Unternehmenskultur. Sie führt dazu, dass man dann auch in Krisensituationen auf seine Mitarbeitenden zählen kann. Wenn es darum geht, dass sie für allfällige unpopuläre Entscheide Verständnis aufbringen und gerade in schwierigen Zeiten weiterhin motiviert anpacken und innovative Ideen entwickeln.

Vernetzung in der Branche

Eric von Ballmoos, auch Präsident der Interessengemeinschaft ZMIS, ist ein überzeugter Netzwerker. Die Zusammenarbeit von Zulieferern, welche komplementäre Dienstleistungen anbieten, ist eine Stärke, die man in Krisenzeiten ausspielen kann, Er erläutert das am eigenen Betrieb. Giessen ist das Hauptgeschäft und man arbeitet gezielt mit Geschäftspartnern in den Bereichen Zerspanen, Oberflächenbehandlung usw. Wenn man diese Kompetenzen schon bei der Marktbearbeitung sehr gut vernetzt, kann man viel profitieren.

Neue Normalität

Was sind die Lehren aus der Krise? Für René Moor, Geschäftsführer des Innovationsdienstleisters Sedax AG, ist es vor allem die Erkenntnis, dass nichts mehr langfristig planbar ist. Veränderungen, Krisen und neue Chancen treten in immer kürzeren Abständen auf. Das brauche eine neue Arbeits- und Unternehmenskultur. Die Sedax hat deshalb vor einiger Zeit ihre Wachstumsziele durch eine Vision ersetzt. Diese soll Mitarbeitende motivieren und ermutigen, im Sinne des Unternehmens proaktiv zu agieren.

Ludwig Durrer hält fest, dass sie während der Corona-Krise vermehrt Anfragen aus der Schweiz und Europa erhalten hätten. Er würde sich wünschen, dass diese Regionalität eine nachhaltige Entwicklung ist, auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen hinsichtlich Klima und Ressourcenknappheit, die nach der Pandemie wieder verstärkt in den Fokus rücken werden.

Livestream verpasst?

Dann können Sie das online nachholen: Video «Wege aus dem Schock – persönliche Erfolgsfaktoren von 6 Zulieferfirmen»

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Swissmem bietet KMU mit der Interessengemeinschaft ZMIS (Zulieferer der MEM-Industrie Schweiz) ein Netzwerk, welches auf die spezifischen Anliegen der Zulieferindustrie fokussiert. Raoul Keller, Ressortleiter Swissmem, erteilt Ihnen gerne weitere Auskünfte: r.kellernoSpam@swissmem.ch, +041 44 384 48 14.

ZMIS

Die Interessengemeinschaft ZMIS (Zulieferer der MEM-Industrie Schweiz) ist eine Initiative von KMU…

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Letzte Aktualisierung: 15.06.2020