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Darf ich einen Arbeitnehmenden aufgrund seines schwierigen Charakters entlassen?

In der Schweiz herrscht im Arbeitsrecht der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Für eine rechtmässige Kündigung bedarf es deshalb grundsätzlich keiner besonderen Begründung. Darf einem Arbeitnehmenden nun aufgrund seiner «Art» gekündigt werden?

Der Grundsatz der Kündigungsfreiheit wird unter anderem durch die im Obligationenrecht in Art. 336 geregelten Missbrauchstatbestände eingeschränkt. Gemäss Art. 336 Abs. 1 lit. a OR ist eine Kündigung unter anderem dann missbräuchlich, wenn sie eine Partei wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, ausspricht. Gerechtfertigt ist eine solche Kündigung gemäss Gesetz nur dann, wenn die persönliche Eigenschaft im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht oder sie die Zusammenarbeit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt. Gerade wenn sich das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmenden schwierig gestaltet, ist es für einen Arbeitgeber manchmal schwer abzuschätzen, ob er seinem Arbeitnehmenden aufgrund dessen Verhalten rechtmässig kündigen darf oder ob eine Kündigung als missbräuchlich angeschaut werden könnte. Fallen Charaktereigenschaften wie zynisch, penibel, arrogant oder cholerisch unter die geschützten persönlichen Eigenschaften?

Gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung ist man sich einig, dass es sich beim Alter, Geschlecht, Rasse, Religion oder der sexuellen Orientierung um eine persönliche Eigenschaft gemäss Art. 336 Abs. 1 lit. a OR handelt. Uneinigkeit herrscht noch darüber, ob eine individuelle Charaktereigenschaft unter den Begriff persönliche Eigenschaft fällt. Definitionsgemäss muss es sich bei einer Eigenschaft um ein erkennbares Merkmal handeln, welches eine gewisse Beständigkeit aufweist. (Dr. Stefan Etter, in: Mitteilungen des Instituts für Arbeitsrecht, ArbR 20126/17, 27 ff.)

Auch wenn man davon ausgeht, dass ein individuelles Charaktermerkmal – wie z.B. die Launenhaftigkeit oder die «aufbrausende Art» eines Arbeitnehmenden eine geschützte persönliche Eigenschaft ist, muss der Arbeitgeber dieses nicht einfach hinnehmen, wenn dadurch das Betriebsklima gestört wird resp. eine kooperative Zusammenarbeit mit besagtem Arbeitnehmenden unzumutbar wird. Es besteht auch keine missbräuchliche Kündigung, wenn aufgrund einer persönlichen Eigenschaft gekündigt wurde, die einen sachlichen Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis aufweist wie bspw. eine Leistungseinbusse aufgrund Alter oder eine Beeinträchtigung aufgrund Krankheit (a.a.O).

Die Fürsorgepflicht in Art. 328 OR sieht vor, dass der Arbeitgeber die Persönlichkeit seiner Arbeitnehmenden achtet und schützt. Es wird demnach dem Arbeitgeber bei Konfliktsituationen mit bestimmten Arbeitnehmenden vor einer allfälligen Kündigung empfohlen, aktiv Schlichtungsbemühungen zu leisten und zu dokumentieren. Dies können Aussprachen, Verwarnungen, Teamsitzungen, Versetzung in eine andere Abteilung, konkrete Verhaltensanweisungen etc. sein. Das Bundesgericht setzt teilweise sehr hohe Ansprüche an diese Massnahmen.

Für weitere Fragen steht den Mitgliedfirmen von Swissmem Frau Zora Amacher, Ressortleiterin Bereich Arbeitgeberpolitik gerne zur Verfügung (044 384 42 23 oder z.amachernoSpam@swissmem.ch).

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