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Revisionen im Schweizer Chemikalienrecht

Zahlreiche Änderungen zweier Verordnungen bezwecken die Übernahme von RoHS 2, CLP und Elementen von REACH in der Schweiz. Mit der Angleichung an das EU-Recht gehen neue Verpflichtungen einher, auch für die MEM-Industrie. Swissmem unterstützt Sie bei der Umsetzung.

Verschiedene Elemente des EU-Rechts und von internationalem Recht, die die Verwendung von Chemikalien als Stoffe, in Zubereitungen und in Gegenständen betreffen, werden zur Angleichung der Rechtslage in der Schweiz übernommen. Konkret betrifft dies die Chemikalienverordnung (ChemV) und die Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV). Swissmem berichtete über die umfangreichen Anhörungen zur ChemV wie auch zur ChemRRV. Die Änderungen treten bereits am 1. Dezember 2012 in Kraft. Im Folgenden werden die für die MEM-Branche wichtigsten Elemente erläutert.


Kandidatenliste und Zulassungsliste von REACH


Die Kandidatenliste von REACH, auf welcher besonders besorgniserregende Stoffe aufgeführt sind (Substances of Very High Concern, SVHCs), wird in die ChemV übernommen. Damit verbunden sind die Kommunikationspflichten entlang der Lieferkette. Wenn ein Stoffe auf der Kandidatenliste in einer Konzentration >0.1 Gewichtsprozent in einem Gegenstand vorliegt, muss dies dem gewerblichen Abnehmer unaufgefordert mitgeteilt werden. Ebenfalls müssen Informationen zur sicheren Verwendung abgegeben werden. Privaten Abnehmern müssen diese Informationen auf Verlangen innerhalb von 45 Tagen abgegeben werden. Damit haben Schweizer Abnehmer EU-Lieferanten gegenüber eine juristische Grundlage, um den Informationsfluss entlang der Lieferkette auch über die Grenze hinweg aufrecht zu erhalten. Es ist zu hoffen, dass dies die Kommunikation gegenüber EU-Abnehmern wiederum erleichtern wird. Swissmem-Mitglieder finden auf unserem Extranet Musterbriefe zur Unterstützen der Kommunikation entlang der Lieferkette.


Die erwähnten besonders besorgniserregenden Stoffe erhalten mit dem Eintrag auf der Kandidatenliste den Kandidatenstatus für Anhang XIV der REACH-Verordnung, der sogenannten «Authorisation List» oder Zulassungsliste. In die ChemRRV wird gleichzeitig dieser Anhang XIV übernommen. Stoffe auf dieser Liste dürfen ohne Zulassung nicht verwendet oder in Verkehr gebracht werden, ausser es liegt eine Zulassung der Europäischen Kommission für die gewünschte Verwendung vor. Zulassungen sind für eine bestimmte Lieferkette und für einen bestimmten Zeitraum gültig. Die Schweizer Behörden können auf Antrag zusätzliche Bewilligungen für bestimmte Verwendungen erteilen, allerdings müssen die Anträge dieselben Kriterien erfüllen wie Anträge in der EU.


Anpassungen an GHS und CLP


Das «Globally Harmonized System» zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) wird in der Schweiz mit der Übernahme von Teilen der europäischen CLP-Verordnung («Classification, Labelling and Packaging of substances and mixtures») umgesetzt. Die ChemV wird deshalb weiter an CLP angepasst. Für Stoffe wird die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung nach CLP per 1.12.2012 verpflichtend, wie dies bereits im geltenden Recht vorgesehen war. Für Zubereitungen (z.B. Maschinenöle oder Kühlschmiermittel) wird diese Pflicht analog zur CLP per 1.6.2015 eingeführt. Auch in der ChemRRV kommt es zu Anpassungen an CLP. Leider bleibt der Verweis auf CLP in der ChemV sehr kompliziert. Es ist zu hoffen, dass die Behörden hier Hilfsdokumente zur Verfügung stellen werden.


Übernahme von RoHS 2 in der ChemRRV


Die letztes Jahr in Kraft getretene, revidierte EU-Richtlinie RoHS («Restriction of the Use of Certain Hazardous Substances», 2011/65/EU bzw. RoHS 2) wird in einem neuen Anhang der ChemRRV übernommen. Mit dieser Übernahme werden die bereits heute geltenden Stoffverbote grundsätzlich auf alle Elektro- und Elektronikgeräte ausgedehnt. Dabei gelten die gleichen Ausnahmen wie in der EU. Diese umfassen zum Beispiel ortsfeste industrielle Großwerkzeuge, ortsfeste Grossanlagen, die meisten Verkehrsmittel oder Photovoltaikmodule. Übernommen wird auch die Pflicht, eine Konformitätserklärung bereitzustellen. Hingegen haben die Behörden auf Anregung von Swissmem hin darauf verzichtet, die Pflicht zur CE-Kennzeichnung zu übernehmen, welche zu Inkonsistenzen in der Schweizer Gesetzgebung geführt hätte. Die Übergangsfristen sind etwas kürzer als in der EU, da sie mit diesen identisch sind: Medizinische Geräte und Überwachungs- und Kontrollinstrumente müssen die Vorgaben beim Inverkehrbringen ab dem 22. Juli 2014 einhalten, In-vitro-Diagnostika ab dem 22. Juli 2016, industrielle Überwachungs- und Kontrollinstrumente ab dem 22. Juli 2017 und alle neu unter die RoHS 2 fallenden Geräte ab dem 22. Juli 2019.


Weitere Stoffeinschränkungen und Produktvorgaben


Ausserdem wurden diverse Stoffeinschränkungen und andere Vorschriften in die ChemRRV eingeführt. Ab 2017 darf im Aluminium- und Magnesiumguss kein Schwefelhexafluorid (SF6) mehr verwendet werden. Die Vorschriften für bromierte Flammschutzmittel, zinnorganischen Verbindungen (zum Beispiel Stabilisatoren in PVC), Perfluorooctansulfonate (in der Galvanotechnik) und Cadmiumgehalte in PVC werden an europäisches und internationales Recht angepasst. Der Umgang mit Kältemittel wird mit diversen Massnahmen stärker reguliert. Auf Geräte- und Fahrzeugbatterien muss neu die Kapazität gekennzeichnet sein. Letztlich wird Cadmium in Hartlot in Konzentrationen >0.01% mit wenigen Ausnahmen im Bereich der Verteidigung, der Luft- und Raumfahrt und von sicherheitsrelevanten Aspekten verboten.


In der ChemV wird der Umgang mit gefährlichen Stoffen und Zubereitungen neu reguliert, indem diese in zwei Gruppen unterteilt werden. Für die Folgepflichten bezüglich Aufbewahrung und Abgabe gelten leicht strengere, jedoch sinnvolle Vorgaben.


Vereinfachte Meldepflicht


Die bisher komplizierte Meldepflicht in der ChemV wird vereinfacht und neu geregelt. Mit der Vereinfachung wurde die Meldepflicht aber ausgedehnt. Die von der Industrie geforderte Untergrenze wurde wenigstens für Zubereitungen beibehalten (100 kg). Ebenfalls wurde wie gefordert die Ausnahme für die Entwicklung beibehalten, mit der auch die industrielle Entwicklung entlastet wird. Die Meldung hat innert dreier Monate nach erstmaligem Inverkehrbringen von allen gefährlichen und von gewissen umweltschädliche Stoffen und Zubereitungen, für die ein Sicherheitsdatenblatt erstellt werden muss, zu erfolgen. Für Nanomaterialien müssen neu Angaben zur Beschaffenheit gemacht werden, wie die Zusammensetzung, Teilchenform, mittlere Korngrösse, und falls vorhanden weitere Angaben. Die Definition von Nanomaterialien wurde eingeführt und der entsprechenden Empfehlung der EU-Kommission (fast identisch) entnommen.


Anforderungen an das Sicherheitsdatenblatt


Sicherheitsdatenblätter (SDBs) müssen neu gemäss Anhang II von REACH erstellt werden. Das SDB muss übermittelt statt abgegeben werden, was jedoch neu auch elektronisch erfolgen darf. Neben den bisherigen Stoffen, für die ein SDB erstellt werden musste, muss auch für Stoffe auf der Kandidatenliste und für Zubereitungen mit einem Kandidatenstoff in einer Konzentration grösser 0.1% ein SDB abgeben werden. Insbesondere die Abgabe von Zubereitungen könnte in der MEM-Branche die Erstellung eines SDB erfordern (z.B. Kühlschmiermittel).


Einschätzung von Swissmem


Grundsätzlich steht Swissmem den neuen Vorgaben positiv gegenüber. Sie stellen jedoch je nach Umständen hohe Anforderungen an die Unternehmen. Dabei unterstützt die Geschäftsstelle die Mitglieder beratend und mit diversen Unterlagen (siehe Extranet). Ein kritisches Auge wird auf die Umsetzung des komplizierten Verweises auf CLP und auf die fehlenden öffentlichen Anhörungen bei Anpassungen an REACH und RoHS 2 geworfen. Ebenfalls ist abzuwarten, auf welche Grösse die Konzentration von Kandidatenstoffe bezogen wird (ganzer Artikel oder Teile von Artikeln). Dezidiert wird Swissmem sich gegen eine strengere Auslegung nach dem Prinzip «Einmal ein Gegenstand, immer ein Gegenstand» aussprechen, wie von einigen EU-Ländern vorgeschlagen, solange darüber in der EU keine Einigkeit herrscht.


Für Fragen zum schweizerischen oder europäischen Chemikalienrecht steht Ihnen Christine Roth, Ressortleiterin Umwelt (Tel. 044 384 48 07) zur Verfügung. Bei Interesse an regelmässigen, direkten Informationen von Swissmem zu REACH und Ähnlichem an Ihren REACH-Verantwortlichen können Sie die entsprechenden Koordinaten Christine Roth zukommen lassen.


Weitere Informationen sind auf folgenden Seiten zu finden:

  • RoHS-Hilfsmittel im Swissmem-Extranet (Themen > Energie & Umwelt)