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VAT Deutschland & Zoll EU: Risiko auf vier Rädern

Im Schatten der Debatte über Steuerabkommen sind weitere Steuer- und Zoll-Tücken für die Schweiz am EU-Horizont aufgetaucht. Die Vorschriften zur Nutzung von Firmenfahrzeugen schweizerischer Arbeitgeber durch in der EU wohnhafte Personen wurden verschärft. Neben hohen Verzollungen droht eine steuerliche Registrationspflicht für die Schweizer Firmen.

I. MWSTEin Einblick ins aktuelle Geschehen: Mehrwertsteuer

Die Überlassung eines Geschäftsfahrzeuges durch ein Schweizer Unternehmen an einen Angestellten mit Wohnsitz in Deutschland führt ab 1. Juli 2013 zu einer obligatorischen Registrationspflicht beim Finanzamt Konstanz. Im Umfang des Privatanteiles dieser Leistung, muss das Unternehmen 19 % Umsatzsteuer (USt) an den deutschen Fiskus abführen. Da sich Deutschland bei dieser Anpassung auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU (Art. 4 MwStSystRL 2008/8/EU) beruft, könnten sich andere Nachbarstaaten der Schweiz auf denselben Standpunkt stellen, wodurch ein erneuter steuerrechtlicher Flächenbrand droht.

Gesetzliche Grundlage in Deutschland auf 30. Juni 2013

Am 26. Juni 2013 wurde durch eine Änderung des deutschen Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer in § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG an Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL angepasst. Die Regelung ist am 30. Juni 2013 in Kraft getreten.

Konkrete Massnahmen in Deutschland

Wird einem Grenzgänger aus Deutschland durch seinen Schweizer Arbeitgeber ein Geschäftsauto zur Verfügung gestellt, so muss sich die Schweizer Firma in Deutschland registrieren und den Privatanteil abrechnen.

Bei überwiegender (mehr als 50%) geschäftlicher Nutzung wird eine Vereinfachung bei der Abrechnung ermöglicht («1 %-Regel»), welche aber in keiner Weise mit der wirklich einfachen Schweizer 0.8% Regel verglichen werden darf.

II. Zoll Übersicht

Die Vorschriften zur Nutzung von Firmenfahrzeugen schweizerischer Arbeitgeber durch in der EU wohnhafte Personen wurden auf den 1. Januar 2014 verschärft, wobei insbesondere Angestellte in leitenden Positionen betroffen sein werden. Auslöser war, dass am 7. März 2013 der Europäische Gerichtshof (EUGH) ein Urteil fällte, welches die private Nutzung, wozu auch der Arbeitsweg gehört, unverzollter Fahrzeuge in der EU neu beurteilte.

Was ist neu?

Die Nutzung von Firmenfahrzeugen, welche nicht in die EU eingeführt und verzollt wurden, wird nun in der EU von einem zwischen dem Angestellten und dem Eigentümer des Fahrzeuges geschlossenen Anstellungsvertrag abhängig macht. Die beruflichen Fahrten haben nun im Vordergrund zu stehen und einer teilweisen erlaubten privaten Nutzung darf höchstens noch eine untergeordnete Bedeutung zukommen.

Mitarbeiter in höheren Positionen innerhalb Schweizer Unternehmen werden nicht mehr als Angestellte im Sinne dieser Regelung angesehen. Darunter fallen folgende Mitarbeiter:

  • Geschäftsführer
  • Mitglieder des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung
  • Firmeninhaber
  • Personen im Personalverleihstatus

Allfällige berufliche Fahrten durch Mitarbeiter in höheren Positionen sind den Behörden anhand des Anstellungsvertrages bzw. im Falle von Personalverleih mittels Bestätigung des Fahrzeugeigentümers nachzuweisen. Die private Nutzung (inkl. Arbeitsweg) unverzollter Fahrzeuge in der EU ist dabei untersagt.

Personen, die neu nicht mehr als Angestellte im Sinne der Firmenfahrzeugregelung gelten, haben diese Fahrzeuge den EU-Zollbehörden zur Überführung in den zollrechtlich freien Warenverkehr zuzuführen, also zu verzollen und in die EU einzuführen, wenn keine Fahrberechtigung des Arbeitgebers vorhanden ist.

Fazit

Die Nutzung von Firmenfahrzeugen ist bei in der EU ansässigen Angestellten, welche über eingeschränkte Entscheidungskompetenzen verfügen, im Anstellungsvertrag klar zu regeln. Eine Kopie des Arbeitsvertrages oder eine entsprechende Ergänzung zum Arbeitsvertrag sollte durch den Fahrzeugfahrer stets mitgeführt werden.

III. Weitere Informationen und Auskünfte

Mit dem im Rahmen der Bilateralen II im Jahr 2004 unterzeichneten Betrugsbekämpfungsabkommen (BBA), welches 2008 durch die Schweiz ratifiziert wurde, verpflichtet sich die Schweiz zur vollen Amts- und Rechtshilfe bei indirekten Steuern (Zoll, Mehrwert- und Verbrauchssteuern), Subventionen und dem öffentlichen Beschaffungswesen. Die Änderungen sind also prioritär anzugehen.

Diese Problematik ist Thema des Swissmem Seminars «Tücken EU Mehrwertsteuer für Schweizer Unternehmen» vom Mittwoch 10. September 2014. Behandelt werden sowohl die korrekte Abrechnung nach deutschem Recht wie auch allfällige zollrechtliche «Optimierungen».