Art. 321d Abs. 1 des Obligationenrechts (OR) regelt das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Dabei kann dieser den Inhalt des Arbeitsvertrags hinsichtlich Verhalten des Mitarbeitenden im Betrieb sowie AusfĂŒhrung der Arbeit einseitig konkretisieren. Das Weisungsrecht ist weiter direkter Ausfluss der Unterordnung des Arbeitnehmenden und fĂŒhrt dessen Arbeits- und Treuepflicht nĂ€her aus.
Umsetzung des Weisungsrechts und Arten von Weisungen
Bei der Umsetzung des Weisungsrechts des Arbeitgebers sind die Qualifikation der betroffenen Arbeitnehmenden sowie deren Verantwortungsbereich von Fall zu Fall zu berĂŒcksichtigen (OG ZH 29.04.1980, ZR 80 (1979) Nr. 12). Weiter kann der Arbeitgeber die einseitig erlassenen Weisungen jederzeit widerrufen oder abĂ€ndern.
Weisungen des Arbeitgebers mĂŒssen in direktem Zusammenhang mit der ErfĂŒllung des Arbeitsvertrags stehen und können entweder in Form von Richtlinien fĂŒr alle Mitarbeitenden (zum Beispiel als HandbĂŒcher oder Dienstanweisungen) oder aber im Einzelfall als individuelle Anordnungen erlassen werden. Weisungen werden zudem je nach konkretem Inhalt in Verhaltensanweisungen (Vorschriften zu Arbeitsbekleidung, Gesundheitsvorsorge, usw.), Fachanweisungen (wie soll die Arbeit ausgefĂŒhrt werden) oder Leistungsanweisungen (Art, Organisation und Umfang der Arbeit) unterschieden. Dabei gehen besondere Weisungen fĂŒr eine Einzelperson oder eine Personengruppe einer allgemeinen Anordnung vor. Ebenfalls haben Weisungen einer höheren Instanz Vorrang gegenĂŒber Weisungen einer unteren Instanz.
Schranken des Weisungsrechts
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers muss grundsĂ€tzlich den sachlich gerechtfertigten BedĂŒrfnissen des Betriebes entsprechen und kann nicht gegen zwingende gesetzliche und vertraglich vereinbarte Bestimmungen verstossen. Dabei sind insbesondere folgende EinschrĂ€nkungen zu beachten:
- Der in Art. 328 OR festgehalte Schutz der Persönlichkeit des Mitarbeitenden. Darunter fĂ€llt auch der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot jeglicher Diskriminierung aufgrund Geschlecht, Rasse, Religion, Behinderung, usw. Auch Weisungen, die unsinnig oder schikanös sind, gelten als persönlichkeitsverletzend und mĂŒssen grundsĂ€tzlich nicht befolgt werden (BGE 4C.240/2000 vom 2.2.2001 E. 3c/bb).
- Zwingende rechtliche Bestimmungen des öffentlichen sowie des Privatrechts. UnzulÀssig sind weiter sittenwidrige oder widerrechtliche Weisungen (als Beispiel eine Weisung, welche die Begehung einer Straftat vorsieht).
- Sofern Weisungen Regeln ĂŒber das Verhalten des Arbeitnehmenden ausserhalb des Arbeitsplatzes aufstellen wollen, dĂŒrfen diese den Rahmen der in Art. 321a OR definierten Treuepflicht nicht sprengen.
- Der Erlass von Weisungen muss aufgrund eines berechtigten Interesses des Arbeitgebers erfolgen. Ansonsten stellen sie einen Verstoss gegen den in Art. 2 ZGB festgehaltenen und in Art. 321d Abs. 2 OR widerholten Grundsatz von Treu und Glauben dar.
- Vertraglich vereinbarte Weisungen mĂŒssen den GrundsĂ€tzen des Arbeitsvertrags und insbesondere des vereinbarten TĂ€tigkeitsbereichs entsprechen. Wer zum Beispiel laut Arbeitsvertrag fĂŒr eine bestimmte TĂ€tigkeit angestellt wurde, kann nicht gegen seinen Willen mit einer Weisung verpflichtet werden, einen anderen Beruf auszuĂŒben.
Folgen bei Missachtung von Weisungen
Der Arbeitnehmende ist grundsĂ€tzlich verpflichtet, einer berechtigten Weisung des Arbeitgebers Folge zu leisten. Tut er dies nicht, kann der Arbeitgeber einen Verweis oder eine Verwarnung aussprechen. Weiter kann er fĂŒr einen im Zusammenhang mit der fehlenden Befolgung der Weisung entstandenen Schaden vom Mitarbeitenden Schadenersatz fordern. DiesbezĂŒglich bejahte das ZĂŒrcher Arbeitsgericht die Forderung eines Taxiunternehmers gegenĂŒber einem Mitarbeitenden, der durch zu wenig PrĂ€senzzeit einen geringeren Umsatz generiert hatte (ArG ZH: 07.10.1996, ZR 97 (1998) Nr. 58).
Eine direkte fristlose KĂŒndigung ist nur in sehr schwerwiegenden oder widerholten FĂ€llen möglich. In weniger schweren FĂ€llen ist stets eine vorgĂ€ngige Verwarnung auszusprechen.
Möglich bleibt auch im Falle der Missachtung der Weisung die Vereinbarung einer Geldstrafe als Konventionalstrafe. Eine solche muss jedoch zwingend im Arbeitsvertrag vereinbart, verhÀltnismÀssig und klar im Voraus bestimmt sein (BGE 119 II 162 E.2).