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Zielkonflikt der Nachhaltigkeit bei PFAS

Die vorgeschlagene Einschränkung von per- und polyfluorierten Substanzen (PFAS) hätte grosse negative Auswirkungen. Gerade Technologien, die zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen notwendig sind, wären betroffen. Swissmem hat eine Stellungnahme bei der europäischen Chemikalienagentur eingereicht.

In der EU wurde eine Einschränkung von per- und polyfluorierten Substanzen (PFAS) vorgeschlagen. Es handelt sich um eine Gruppe von ca. 10'000 Substanzen, zu denen auch Teflon® gehört. Eine breite negative Betroffenheit der Industrie ist zu befürchten, da viele Verwendungen nicht berücksichtigt wurden. Swissmem berichtete.

Negative Auswirkungen auf nachhaltige Technologien 

Die für die Vernehmlassung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) gesammelten Informationen haben wie erwartet gezeigt, dass die PFAS-Beschränkung in der vorgeschlagenen Form enorme negative Auswirkungen auf die Wertschöpfungsketten in Europa hätte. Auffallend ist, wie viele Technologien betroffen wären, die zu den Nachhaltigkeitszielen wie Klimaneutralität, Energieeffizienz oder Kreislaufwirtschaft beitragen.

Alternative Materialien zu PFAS sind zum Beispiel in einigen Fällen möglich, jedoch mit einer signifikanten Einbusse bei der Energie- oder Materialeffizienz verbunden. Ersatzteile, Wartung, Aufarbeitung und gebrauchte Artikel sind aktuell vom Vorschlag ebenfalls betroffen, so dass Produkte früher als notwendig ersetzt werden müssten. Damit einher geht ein höherer Ressourcenverbrauch. Mit dem Regulierungsvorschlag entstehen somit grosse Zielkonflikte, die zu adressieren sind.

Auch die Schweizer Industrie wäre betroffen. Einerseits wird rund die Hälfte der Produkte der Schweizer Tech-Industrie in die EU exportiert, wo sie den EU-Vorgaben unterstehen. Andererseits werden Einschränkungen des EU-Chemikalienrechts in der Regel in Schweizer Recht übernommen.

Ausnahmen dringend notwendig – Fluoropolymere im Fokus 

Zusätzlich zu den vorgeschlagenen Ausnahmen sind weitere Ausnahmen vorzusehen, um die befürchteten negativen Auswirkungen gerade im Nachhaltigkeitsbereich abzumildern. Dies betrifft insbesondere die Verwendung von Fluoropolymeren in industriellen Anwendungen. Dazu gehören diverse Anwendungen im Energiesektor, im Maschinenbau, in der Gebäudetechnologie, in sicherheitsrelevanten Anwendungen, oder unter extremen Bedingungen wie Hochspannung, grossen Temperaturschwankungen oder säurehaltiger Umgebung. Einige dieser Verwendungen wurden im Einschränkungsvorschlag gar nicht genau untersucht. Bei anderen wird die technische Machbarkeit von Alternativen überschätzt.

Fluoropolymere kaum gefährlich 

Dabei geht es nicht darum, Emissionen von gefährlichen Stoffen unreguliert zu belassen. Risiken sollen identifiziert und minimiert werden. Eine Differenzierung ist jedoch notwendig: Fluoropolymere und Fluoroelastomere wurden von der OECD als kaum gefährliche PFAS eingestuft («of low concern»). Sie stellen an sich also kaum ein Risiko dar, nicht einmal bei den oft genannten Bratpfannen. Allfällige Risiken in vor- und nachgelagerten Prozessen, also in der Produktion der Stoffe und in der Entsorgung, sind mit anderen geeigneten Massnahmen zu reduzieren. Dazu wurden einige gefährliche PFAS bereits international verboten.

Hier setzt grundsätzliche Kritik am Vorschlag an: Alle ca. 10'000 PFAS werden gleichbehandelt, statt sich wie im Chemikalienrecht vorgesehen auf die Risiken zu fokussieren, die durch gefährliche Eigenschaften in Verbindung mit möglicher Exposition entstehen (Risiko = gefährliche Eigenschaft x Exposition).

Übergangsfristen gemäss den industriellen Entwicklungsprozessen 

Die vorgesehenen Übergangsfristen sind zudem angesichts der üblichen industriellen Entwicklungsprozesse deutlich zu kurz. Die Identifikation einer technisch und wirtschaftlich machbaren Alternative ist nur der erste Schritt:  

Anpassungen an technischen Prozessen, an den komplexen Wertschöpfungsketten und teilweise in spezifischen Zulassungsverfahren sind erforderlich. Dies dauert mehrere Jahre, zusätzlich zu den Jahren der Forschung, um erstmal eine Alternative zu finden. Da dies ein Prozess mit ungewissem Ausgang ist, müsste ein Mechanismus vorgesehen werden, der eine Verlängerung von Ausnahmen erlaubt.

Swissmem engagiert sich weiterhin für einen sorgfältigen und vernünftigen Umgang mit der Thematik, der differenziert mit den Risiken umgeht und die Auswirkung von Verboten berücksichtigt. Weitere Kritikpunkte zum Vorschlag der Einschränkung aller PFAS sind der Swissmem-Stellungnahme zu entnehmen. 

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Letzte Aktualisierung: 13.10.2023