Die Berufsreform in der MEM-Industrie, die im Jahr 2009 gestartet worden war, definierte die Dreiecksbeziehung zwischen Lernenden, Ausbildungsbetrieb und Berufsschule neu. Bei der Verabschiedung der neuen Bestimmungen im Jahr 2002 war jedoch bereits klar, dass dieses Verhältnis – diese ménage à trois – laufend hinterfragt und weiterentwickelt werden muss. Wie gelingt es, dass die Informationen kreisrund fliessen und eine Dynamik entsteht? Das Velodrom im Internationalen Zentrum für Radsport in Aigle bot letzten Freitag eine ideale Umgebung, um neue Impulse zu setzen. Als Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements hatte Pascal Couchepin einst die Reformen in der MEM-Industrie freigegeben. In seinem Referat vor den rund 200 Anwesenden betonte alt Bundesrat Couchepin jedoch, dass es die Beziehung von Mensch zu Mensch sei, die im Vordergrund stehe. Die Jugendlichen seien mit ihren Fähigkeiten und Interessen schon immer sehr unterschiedlich gewesen. Diese Individualität gelte es zu nutzen und zu entwickeln, denn sie bilde letztlich auch die Basis für den Erfolg und die Vielfalt der Schweiz. Wie wichtig die Beziehung zu seinen Lehrmeistern - während der Berufslehre aber auch während seiner Zeit als Radprofi - gewesen sei, unterstrich Pascal Richard eindrücklich in seinem Karriererückblick. Während der Berufslehre wie im Spitzensport gebe es Phasen, die schwierig seien, betonte der Olympiasieger und Weltmeister im Radsport. Er habe das Glück gehabt, dass er bei einzelnen Personen immer wieder auf viel Verständnis und Unterstützung zählen durfte. Gleichzeitig zeigte er auf, dass man im Berufsleben oft in einer Doppelrolle steckt. Auch jetzt noch sei er oft in der Situation eines Lernenden, so Richard. Während seiner Aktivzeit als Sportler wie auch als Leiter eines Immobilienbüros habe er aber auch stets versucht, Wissen weiter zu geben und den Nachwuchs zu fördern. Dass die Ausbildungszeit kein simpler Dialog sondern ein vielschichtiger Austausch ist, zeigten die nachfolgenden Workshops. Ausgangspunkt war im einen konkreten Firmenbeispiel die Frage, wie die Lagerverwaltung im Unternehmen optimiert werden kann. Das Projekt erforderte Antworten auf verschiedenen Ebenen: So entwickelte ein Doktorand der EPFL ein neues virtuelles Modell, um die Lagerverwaltung zu simulieren, die Berufsschule nahm dieses Hilfsmittel auf, um die theoretische Ausbildung zu verbessern, was im Ausbildungsbetrieb letztlich dazu führte, dass die Lagerbewirtschaftung effizienter ausgerichtet und Regale neu arrangiert wurden. Weitere Beispiele gingen auf die Interdisziplinarität im Schulalltag ein oder thematisierten die Projektarbeit zwischen Berufsschule und Ausbildungszentren, die oft auf persönlichen Kontakten basiert.
Wechselnde Teams im Temporausch Die Dynamik, die in Teams entstehen kann, konnte abschliessend hautnah bei einer Demonstration von Radprofis erlebt werden. Höchsttempos werden auf der Radrennbahn erst erreicht, wenn die Teams zusammenspielen und sich gegenseitig zu Höchstleistungen anspornen. Auch wenn die Geschwindigkeit der Führungswechsel und Übergaben im Berufsalltag nicht ganz so schwindelerregend ist, so sind die Mechanismen doch vergleichbar. Arthur Glättli, Leiter Swissmem Berufsbildung, und Jean-Claude Kottelat, Projektleiter des Journée Swissmem, zeigten sich am Ende der Impulstagung zufrieden. Es hätten in einem kreativen und inspirierenden Umfeld viele gute Ansätze vermittelt werden können, so ihr Fazit. Gleichzeitig war man sich bewusst, dass Kooperationen oft mehrere Jahre brauchen, bis sie eingespielt sind. Eine ménage à trois, so zeigt die Erfahrung, ist nicht immer ganz einfach. Funktioniert sie aber, so sind Resultate möglich, die im Zweiergespann auf Dauer nur schwierig zu erreichen sind.