Es ist ein Tag wie jeder andere in der Muster Maschinenbau AG. Kurz vor der Znünipause will Polymechaniker F.U. noch rasch die Einstellung seiner CNC-Drehmaschine für eine anspruchsvolle Produktionsserie prüfen. Er überbrückt einen Überwachungsschalter, um die Maschine bei offener Schutztüre bedienen zu können. Als er sich ins Maschineninnere beugt und sich darin abstützt, geschieht es: Er rutscht ab. Seine Hand gerät zwischen das Werkstück und die sich bewegenden Maschinenteile und wird zerquetscht.
Dieses realistische Szenario eines Unfalls nach der Manipulation einer Schutzeinrichtung hat sich zum Glück nicht wirklich ereignet. Es dient der Suva aber als Grundlage, um diesen Frühling an drei Live-Veranstaltungen die straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen von Arbeitsunfällen auszuleuchten.
Verantwortliche sensibilisieren
Echte Richter und Anwälte verhandeln vor einem Publikum aus Betriebsverantwortlichen und Sicherheitsfachleuten über die Anklage gegen drei Berufsleute. Vor Gericht stehen ein Mitinhaber der Muster AG, der auch Produktionsleiter ist, sowie der Sicherheitsbeauftragte des Betriebs und der Monteur des Maschinenlieferanten. «Wir wollen genau diese Personengruppen sensibilisieren und aufzeigen, dass es Folgen für den Betrieb und externe Beteiligte hat, wenn Schutzeinrichtungen manipuliert werden», erklärt Markus Schnyder, Leiter der Suva-Kampagne «STOP dem Manipulieren von Schutzeinrichtungen». Die Botschaft lautet: «Wer Manipulieren toleriert oder fördert, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.»
Manipulieren ist nie notwendig
Der Fall ist zwar fiktiv. «Er kann sich so aber jederzeit irgendwo ereignen», erklärt Schnyder. F.U. überbrückt den Überwachungsschalter, weil die geschlossene Schutztüre die Sicht auf das Werkstück stark einschränkt, und er die Maschine so gar nicht einrichten kann. Laut Schnyder ist ein solches Überbrücken «aus der Not» einer der häufigsten Gründe für Manipulationen. Denn oft werden bei der Beschaffung von Maschinen die Bedürfnisse der Bediener zu wenig oder gar nicht berücksichtigt. Vermeintliche Hilfe kommt dann nicht selten von Monteuren der Maschinenlieferanten, die den Bedienern bei der Instruktion zeigen, wie hinderliche Schutzeinrichtungen zu überbrücken sind. «Dabei gibt es für solche Fälle erfahrungsgemäss immer eine technische Lösung, die Manipulationen unnötig macht», betont Schnyder. Maschinenhersteller und Betreiber müssten sich nur richtig absprechen.
Welche Rolle spielt der Chef?
Insgesamt am häufigsten wird manipuliert, um Zeit zu gewinnen. Oft ist aber auch einfach Bequemlichkeit das Motiv. Allzu häufig wird das Manipulieren von Vorgesetzten geduldet oder vereinzelt sogar angeordnet. Auch an der Gerichtsverhandlung zum Fall Muster AG wird sich deshalb die Frage stellen, welche Rolle der Arbeitgeber spielte und welche Verantwortung in so einem Fall ein Sicherheitsbeauftragter hat. So gewinnen die Zuschauer Einsichten in eine Situation, die sie ganz unmittelbar betreffen kann. Klar ist: Für Arbeitgeber lohnt es sich immer, Manipulationen den Riegel zu schieben. So verhindern sie menschliches Leid und helfen, die Versicherungskosten niedrig zu halten. Denn jeder vermiedene Unfall spart Kosten. Und dieses Geld gibt die Suva in Form von tieferen Prämien an die Versicherten zurück. Verhandlungen in St. Gallen, Lausanne und Olten
Das Event «Ein Unfall vor Gericht» wird insgesamt dreimal durchgeführt. Am 2. Mai in St. Gallen, am 10. Mai in Lausanne und am 15. Mai in Olten. Richter und Anwälte aus den Regionen Lausanne und Olten spielen auf authentische Weise sowohl einen Straf- als auch einen Zivilprozess durch: in Lausanne auf Französisch, in St. Gallen und Olten auf Deutsch. Die Suva richtet sich mit dieser Informationsveranstaltung vorab an Firmeninhaber, Produktionsleiter und Sicherheitsbeauftragte aus den betroffenen Branchen sowie Sicherheitsfachleute.
Weitere Informationen zur Kampagne: <link www.suva.ch/schutzeinrichtungen>www.suva.ch/schutzeinrichtungen</link>
Anmeldungen bis 30. März 2012 unter: <link www.suva.ch/gerichtsfall>www.suva.ch/gerichtsfall</link>