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Zuerst schlichten, dann richten

Trotz diverser GesprĂ€che und Korrespondenzen können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht ĂŒber einen strittigen Punkt beim ArbeitsverhĂ€ltnis einigen. Die Parteien wollen rechtlich gegeneinander vorgehen. Was geschieht als nĂ€chstes?

Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt unter anderem den Ablauf eines Gerichtsverfahrens. GemĂ€ss Art. 197 ZPO muss einem Gerichtsverfahren ein Schlichtungsversuch vorausgehen. Dies nach dem Grundsatz «zuerst schlichten, dann richten». Die Pflicht eines solchen Schlichtungsversuchs entfĂ€llt nur in wenigen AusnahmefĂ€llen gemĂ€ss Art. 198 ZPO oder wenn die Parteien gĂŒltig darauf verzichtet haben. Letzteres ist ausschliesslich dann möglich, wenn der Streitwert (bezifferter Betrag der Forderungen) mindestens CHF 100'000.00 betrĂ€gt oder wenn der Beklagte den Sitz/Wohnsitz im Ausland hat, sein Aufenthaltsort unbekannt ist oder in Streitigkeiten nach dem Gleichstellungsgesetz (Art. 199 ZPO).

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Je nach kantonaler Regelung (Gerichtsorganisationsgesetze) ist das Schlichtungsgesuch in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten entweder dem zustÀndigen Friedensrichter oder einer paritÀtisch ausgestalteten Schlichtungsbehörde einzureichen. ZustÀndig ist in der Regel die Schlichtungsinstanz am Sitz/Wohnsitz des Beklagten oder am Ort, wo der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet (Art. 34 ZPO).

Das Schlichtungsgesuch kann schriftlich erfolgen oder mĂŒndlich zu Protokoll gegeben werden. Wichtig ist eine kurze Umschreibung, was von wem und weshalb gefordert wird. Die Verhandlung hat innert 2 Monaten nach Eingang des Gesuchs resp. eines allfĂ€lligen Schriftwechsels stattzufinden (Art. 203 ZPO).

Persönliche Erscheinungspflicht zum Schlichtungsverfahren

Wird eine Klage beim Friedensrichter anhĂ€ngig gemacht, gilt eine persönliche Erscheinungspflicht. Als Arbeitgeber kann man sich nur im vereinfachten Verfahren (Art. 243 ZPO, Streitwert bis CHF 30'000.00) durch eine angestellte Person vertreten lassen und nur, wenn diese zum Abschluss eines Vergleichs ermĂ€chtigt wurde. Betreffend Vertretung empfiehlt es sich immer, vorgĂ€ngig mit der Schlichtungsinstanz RĂŒcksprache zu nehmen. Die Gegenpartei ist aus GrĂŒnden der Fairness vorzeitig ĂŒber eine Vertretung zu informieren (Art. 204 ZPO).

Die Folgen des Nichterscheinens fĂŒr den Beklagten und den KlĂ€ger sind unterschiedlich geregelt: Erscheint der KlĂ€ger nicht an der Schlichtungsverhandlung, so gilt das Gesuch als zurĂŒckgezogen. Erscheint hingegen der Beklagte nicht, so gilt die Schlichtung als gescheitert und dem KlĂ€ger wird eine Klagebewilligung ausgestellt. In einem aktuellen Fall vor Bundesgericht hatte der zustĂ€ndige Friedensrichter die KlĂ€gerin von der Erscheinungspflicht dispensiert und ihr eine Klagebewilligung ausgestellt, nachdem die beklagte Partei ihr Nichterscheinen am Schlichtungstermin vorab angekĂŒndigt hatte. Das Bundesgericht hat entschieden, dass dies nicht zulĂ€ssig ist und die Klagebewilligung fĂŒr ungĂŒltig erklĂ€rt (Entscheid vom 5. Februar 2020, BGE 4A_416/2019). Das heisst, als klagende Partei ist man gut beraten, der Einladung der Schlichtungsbehörde Folge zu leisten, auch wenn man weiss, dass die Gegenpartei nicht erscheinen wird.

Wie weiter bei einem gescheiterten Schlichtungsversuch?

Sofern sich die Parteien vor der Schlichtungsbehörde nicht einigen können, wird der klagenden Partei eine Klagebewilligung ausgestellt (Art. 206 ZPO). Mit dieser kann sie innerhalb von 3 Monaten ihr Begehren beim zustÀndigen Arbeitsgericht anhÀngig machen (Art. 209 ZPO).

Kosten

In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten werden den Parteien in der Regel bis zu einem Streitwert von CHF 30'000.- weder fĂŒr das Schlichtungsverfahren noch das Gerichtsverfahren Kosten auferlegt. Im Schlichtungsverfahren werden ebenfalls (noch) keine ParteientschĂ€digungen (z.B. Kosten fĂŒr die anwaltliche Vertretung) zugesprochen (Art. 113 ZPO).

Beim vorliegenden Beschrieb des Schlichtungsverfahrens handelt es sich lediglich um eine grobe Umschreibung der wichtigsten Elemente und GrundsÀtze. Je nach Fall können die Voraussetzungen und AblÀufe des Zivilprozesses variieren.

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Letzte Aktualisierung: 22.06.2020, Zora Bosshart