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Lohnfortzahlung bei Pflege kranker Familienmitglieder und Konkubinatspartner

Der Gesamtarbeitsvertrag der MEM-Industrie sieht eine Lohnfortzahlung zur Pflege kranker Familienmitglieder und Konkubinatspartner vor. Diese ist an bestimmte Bedingungen geknüpft.

Gemäss Art. 324a OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für eine beschränkte Zeit den Lohn zu entrichten, wenn letzterer ohne Verschulden aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes an der Arbeitsleistung verhindert wird. Normalerweise kommt diese Bestimmung dann zum Tragen, wenn der Arbeitnehmer selbst erkrankt, einen Unfall hat etc. Wie sieht es aber aus, wenn die Gründe für die Absenz nicht in der Person des Arbeitnehmers liegen?

Art. 20 Abs. 1 lit. h des Gesamtarbeitsvertrages der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (GAV) sieht vor, dass die Arbeitgeber den Angestellten den Lohn zur Pflege kranker in Hausgemeinschaft lebender Familienmitglieder und Konkubinatspartner zahlen (Nachweis des gemeinsamen Haushaltes von mindestens fünf Jahren), soweit die Pflege nicht anderweitig organisiert werden kann. Im Einzelnen müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Familienmitglied (Vater, Mutter, Ehegatte eingetragener Partner/in, Konkubinatspartner/in, Kind, weitere Verwandte) muss in Hausgemeinschaft leben.
  • Die Erkrankung muss eine dauernde intensive Pflege oder Überwachung erfordern (Arztzeugnis).
  • Die Pflege kann nicht sofort durch Drittpersonen oder auf andere Weise (Hospitalisierung) erfolgen.

Die 3-tägige Frist dient zur Überbrückung der «schlimmsten Zeit» sowie zur Organisation der Drittpflege. Die drei Tage müssen deshalb nicht voll ausgeschöpft werden. Eine weitergehende Absenzdauer ist als (unbezahlter) Urlaub zu behandeln, führt aber nicht zu einer Ferienkürzung im Sinne von Art. 13.3 Abs. 3 GAV.

Praxisbeispiele

Das Arbeitsgericht Zürich hat in einem Entscheid einem italienischen Staatsangehörigen den Lohn für die Zeit zugesprochen, während der er in einem Erdbebengebiet in Italien nach seinen Eltern und Geschwistern suchte.

Ebenfalls das Arbeitsgericht Zürich sprach einer Frau den Lohn für die Zeit zu, während welcher sie in Berlin ihre Schwester besuchte, welche einen Selbstmordversuch hinter sich hatte. Hier entschied das Gericht so, weil keine andere Person die Schwester betreuen konnte.

Denselben Vorbehalt brachte das Arbeitsgericht Zürich im Falle einer Mutter an, welche ihre kranke Tochter pflegen wollte. Sie erhielt den Lohn nur für diejenige Zeit zugesprochen, während welcher eine anderweitige Organisation der Betreuung nicht möglich war.

Diese Beispiele zeigen auf, dass nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände entschieden werden kann, ob ein Anwendungsfall von Art. 20 Abs. 1 lit. h GAV vorliegt. Es gilt dann zu prüfen, ob einem Arbeitnehmer die Arbeitsleistung wirklich nicht mehr zumutbar ist, also die im GAV vorausgesetzte Arbeitsverhinderung vorliegt.

Besteht keine Möglichkeit für den Arbeitnehmer, die Betreuung des Angehörigen auf andere Weise zu organisieren, ist die Lohnfortzahlung geschuldet. Somit ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Absenz möglichst kurz zu halten und eine anderweitige Pflege zu organisieren. Unterlässt es nämlich der Arbeitnehmer innerhalb der von Art. 20 Abs. 1 lit. h GAV vorgesehenen drei Tagen nach anderweitigen Lösungen zu suchen, entfällt die im GAV vorgesehene Lohnfortzahlungspflicht ganz oder teilweise.

Für weitere Fragen steht Ihnen Herr Marcel Marioni, Ressortleiter Bereich Arbeitgeberpolitik (m.marioninoSpam@swissmem.ch) gerne zur Verfügung.