Peter Spuhler, Sie haben 1989 die Stadler mit 18 Mitarbeitenden übernommen. Heute sind es über 15'000 Mitarbeitende an 80 Standorten weltweit. Ein enormer Erfolg. Welches Attribut trifft auf Sie zu? «Genialer Geschäftsmann», «Glückspilz», «Arbeitstier «oder einfach «Mr. Industry»?
Peter Spuhler: Da müssen Sie andere fragen. Mir ist wichtig, dass wir ein starkes Team haben und etwas bewegen können. Es muss zwischenmenschlich gut harmonieren. Dann kann man miteinander etwas bewegen, etwas aufbauen.
Teamarbeit wäre das Geheimnis des Erfolgs?
Ich glaube schon. Gerade in einer komplexen und komplizierten Industrie. Wichtig ist, dass man ein Team zusammenstellt mit verschiedenen Kompetenzen, mit verschiedenen Stärken.
Da hatten Sie aber ein gutes Händchen beim Zusammenstellen?
Ja, meistens. Also nicht immer, meistens.
Vielleicht ist ein so immenser Erfolg doch etwas mehr als nur ein gutes Team? Was war Ihr Plan, als Sie angefangen haben?
Ich komme aus einfachen Verhältnissen. Ich hatte keine Eltern, die mir eine Firma kaufen konnten. Dann hatte ich das grosse Glück, dass mir die Thurgauer Kantonalbank ein Darlehen von ca. 5 Mio. gegeben hat, ungedeckt.
Die fanden einfach, Peter Spuhler ist ein netter?
Das müssen Sie die Bank fragen! Das war der Start. Der Plan war, die Zinsen und die Amortisation hereinzuholen. Unsere grossen damaligen Mitbewerber wie Schindler, die SIG oder ABB sind aus dem Bereich Schienenfahrzeugbau ausgestiegen in den schwierigen 1990er Jahren. Das kam uns zugute. Und wir hatten das Glück, dass wir sehr gute Ingenieure gefunden haben, eben ein Team – das ist ganz wichtig!
Das ganze Gespräch... zu Fortschritt, Frankenkurs und Lohnpolitik gibt es in TecTalk - Episode3 Jetzt auf Youtube, Spotify, Apple Music oder hier auf der Webseite.
Sie sind in den Schienenfahrzeugbau reingegangen, als sich andere zurĂĽckgezogen haben. Das ist eine extreme Risikobereitschaft.
Ich hatte das Glück, dass ich jung war. Wenn es mich verblasen hätte, hätte ich sicher noch eine zweite Chance gehabt.
2016 hat Stadler einen Standort aufgemacht in Salt Lake City, USA. Heute zahlt sich das aus, nehme ich an.
Die ersten Aufträge aus den USA konnten wir aus der Schweiz heraus bedienen.Später kam die TaxRail, und dann ging’s los: Wir mussten in den USA herstellen. Zuerst haben wir Hallen in Utah gemietet, dann aber beschlossen, ein Werk aufzubauen. Und das ist eigentlich ein riesiger Erfolg geworden, das läuft sehr gut.
Wie viele Angestellte sind da tätig?
Jetzt gehen wir auf etwa 800 Mitarbeiter.
Ein grosser Vorteil in der heutigen Situation.
Ja, das kann man sagen. Lucky Punch.
Gibt es auch Materialien und Vorprodukte, die ihr von der Schweiz in die Staaten liefert?
Was wir sicher aus der Schweiz liefern, ist das Aluminium fĂĽr den Wagenkasten, das kommt aus dem Wallis.
Kommen da Zölle dazu?
Ich hoffe nicht. Das letzte Mal, als Trump an der Macht war, gabs die Goldene Regelung: Wenn man nachweisen konnte, dass man ein Produkt nicht in den USA kaufen kann, war man befreit von den Zöllen. Was jetzt kommt, wissen wir noch nicht genau.
Donald Trumps Benehmen sei eines US-Präsidenten nicht würdig, haben Sie vor der Wahl gesagt. Was ist die Überlegung bei dieser Aussage?
Ich habe gesagt, Trump macht einige Sachen sehr gut. Er hat den Mut, den Chinesen einmal auf die Finger zu hauen und zu sagen, das geht nicht, mit staatlich subventionierten Preisen die ganzen Märkte zu überschwemmen. Seine Steuersenkungen sind richtig. Dass NATO-Länder 2% der Wirtschaftsleistungen einbringen sollen, auch.
Aber da ist halt diese Sprunghaftigkeit und zum Teil das flegelhafte Benehmen. Das ist fĂĽr den bedeutendsten FĂĽhrer der westlichen Staaten nicht so angebracht.
Schauen wir in die Schweiz: Sie haben stark in Schweizer Tech-Industrie investiert, nicht nur mit Stadler. Sie haben Beteiligung bei Swiss Steel, Rieter, Aebi Schmid. Man hat den Eindruck, Sie glauben sehr stark an den Standort Schweiz fĂĽr die Tech-Industrie.
Ich konnte als Unternehmer und auch als Politiker sehr viel profitieren von der Schweiz. Und ich glaube, da muss man auch bereit sein, etwas zurĂĽckzugeben. Ich habe gelernt, dass man nicht zu stark diversifizieren sollte. Der Bereich, den ich jetzt nach 37 Jahren Unternehmertum gut beurteilen, kann ist Fahrzeugbau, Maschinenbau. Und dann sollte man sich konzentrieren auf das.
Standortvorteile?
Ja, die Schweiz hat als Industriestandort sehr viele Vorteile. Liberale Gesetzgebung, gut ausbildete Mitarbeiter. Von der Finanzierungseite her sehr interessant. Da muss man auch aufpassen, dass von der UBS nicht zu viel Eigenkapital abverlangt wird. Denn sonst droht ein Zinsanstieg und den bezahlt am Schluss die Industrie, wenn man wieder investiert. Ich hoffe auch, dass Swissmem weiterhin mithilft, den Industriestandort weiterzuentwickeln.
Swissmem hat bezüglich der US-Zollpolitik, aber auch in der generellen Bemühung, den Industriestandort Schweiz zukunftsfähig zu halten, einige politische Forderungen eingebracht. Die möchte ich mit Ihnen anschauen. Schneller Abschluss des Freihandelsabkommens mit Mercosur und die Erweiterung mit China. Ja oder nein?
Ja.
Flexibilisierung der Arbeitszeiten.
Ja.
Warum ist das wichtig?
Man hat heute einfach andere Arbeitsmodelle als vor 40 Jahren. Eine Flexibilisierung ist nötig. Und wir müssen unser liberales Arbeitsgesetz schützen und nicht mit einer Salami-Taktik unterlaufen, wie das die linke Seite permanent versucht. Unser Arbeitsgesetz ist auch ein grosser Vorteil der Schweiz gegenüber anderen Ländern.
Reduzierung der BĂĽrokratie?
Die Bürokratie wächst und wenn man sieht, wo die Arbeitsplätze zunehmen, dann ist es beim Staat, in der Verwaltung.
Stadler hat 2024 Aufträge dazugewonnen, in einer sehr fragilen Welt. Wie schaut man da in die Zukunft?
Wir haben jedes Jahr drei Tage, wo wir die Strategie im Management-Team, das sind etwa die wichtigsten 80 bis 90 Führungskräfte, weiterentwickeln und entsprechende Entscheidungen treffen. Wir denken immer, welches Marktsegment wollen wir mit welchem Produkt abdecken, welche neuen Produkte entwickeln, und in welche Märkte wollen wir hinein. Das ist eigentlich der Grundgedanke der Strategie. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel gemacht, gerade in der Green Technology. Wir sind Weltmarktführer bei batterie- und auch wasserstoffbetriebenen Zügen, also besser und grösser als Siemens und Alstom. Das Resultat strategischer Entwicklungsprozesse.
Das Interview fĂĽhrte Michael Perricone
Hören Sie das ganze Gespräch mit Peter Spuhler
«Ich komme aus einfachen Verhältnissen»
TecTalk - Episode 03
Dann erfahren Sie, was Peter Spuhler über den technologischen Fortschritt Chinas denkt und ob dieser eine Gefahr darstellt. Wie er die Entwicklung des Frankenkurses einschätzt, wie die Lohnpolitik von Stadler ausgestaltet ist und was er der Juso zu sagen hat, welche sein Vermögen zur Hälfte einziehen will.