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Forschungsprojekt: Digitaler Wissenserhalt im Unternehmen

An der F&E-Konferenz 2024 werden in kompakter Form industrierelevante digitale Forschungsprojekte von Hochschulen vorgestellt. Francesco Carrino, Assistant Professor at HES-SO Valais-Wallis, wird beispielsweise zeigen, mit welchen Methoden und Tools relevantes Erfahrungswissen im Unternehmen erfasst und verfügbar gemacht werden kann. Aktuell im Test ist ein Anwendungsfall in der Qualitätskontrolle, doch die Entwicklung ist wesentlich breiter einsetzbar.

Was ist die zentrale Frage in dem Forschungsprojekt, das Sie auf der F&E-Konferenz vorstellen?

Franceso Carrino: Aus der Forschungsperspektive geht es in erster Linie um die Frage, wie das Erfahrungswissen erfahrener Bediener effektiv gespeichert, modelliert und für die Schulung von Anfängern nutzbar gemacht werden kann. Der Begriff «umsetzbar» bezeichnet die Gewinnung von aussagekräftigen Erkenntnissen für eine fundierte Entscheidungsfindung. Die Herausforderung liegt in der inhärent unstrukturierten Natur dieses Wissens, das für jeden Bediener einzigartig und sehr aufgabenspezifisch ist.

Ein Beispiel aus der Qualitätskontrolle: Wenn ein Bediener einen Fleck auf einem Produkt identifiziert, müssen diese komplexen, bediener- und aufgabenspezifischen Informationen erfasst und genutzt werden, um die Form, die Farbe und die zugehörige Maschine, die ihn möglicherweise verursacht hat, zu entschlüsseln.

In welchem Stadium befindet sich Ihr Projekt derzeit?

Das Projekt umfasst zwei Hauptmodule: die Wissensdatenbank (entwickelt von einem Team am HEI-VS) und die erweiterte Schnittstelle (entwickelt von einem Team am HEIA-FR).

Die Wissensdatenbank hat den Zweck, die Daten zu speichern und den Zugang zu ihnen durch Abfragen zu ermöglichen. Für die Implementierung verwenden wir Wissensgraphen und Einbettungen, die multimodale Daten (Text, Audio, Video) verarbeiten können. Status: Es gibt einen funktionalen Prototyp für alle drei Datentypen, aber wir müssen sie noch einbinden. Wir vergleichen und bewerten auch verschiedene Einbettungstechniken und -modelle.

Die erweiterte Schnittstelle soll es erfahrenen Bedienern ermöglichen, Daten auf natürliche Weise einzugeben (z. B. die Anweisungen zur Messung von Produktparametern) und Anfängern bei der Suche nach dem richtigen Protokoll und den besten Verfahren zu helfen. Bei der Implementierung verwenden wir einen nutzerzentrierten Ansatz und kombinieren Computer Vision und Augmented Reality. Als Werkzeug konzentrieren wir uns auf Tablets. Status: Eine erste Version der Benutzeroberfläche für Anfänger wurde bereits entwickelt. Derzeit werden Tests durchgeführt, um die Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz zu verbessern. AR-Brillen (wie Microsoft Hololens) werden in späteren Phasen des Projekts getestet.

Wie gross ist das Potenzial für konkrete Anwendungen in der Industrie? Für wen sind Ihre Forschungsergebnisse von Interesse?

Das Ziel dieses Projekts ist sehr konkret. Wir wollen ein grosses Problem angehen, mit dem die Schweizer Industrie heute konfrontiert ist: den Verlust von Wissen, wenn erfahrene Fachleute ihre Stelle verlassen. In einigen Sektoren führen Rekrutierungsschwierigkeiten und demografische Veränderungen zu einer «umgekehrten» Alterspyramide in der Belegschaft, in der unerfahrene Bediener neue Mitarbeiter ausbilden müssen, auch wenn sie selbst nur wenige Monate Erfahrung haben.

Derzeit testen wir unser System in einem sehr spezifischen Szenario mit unserem Partner Constellium Valais SA. Der Anwendungsfall liegt in der Qualitätskontrolle. Unser System wird den Bediener bei folgenden Aufgaben unterstützen:

  • Defekt-Erkennung: Nutzung von Augmented Reality und Computer Vision zur Erkennung von Defekten. 
  • Präzise Messung: Implementierung eines dynamischen Protokolls zur Fehlermessung, das auf spezifische Produkte und Kundenspezifikationen zugeschnitten ist. 
  • Wissensaustausch: Erleichterung der Übernahme und Verbreitung von Best Practices unter den Betreibern. 
  • Effektive Signalisierung: Sicherstellung einer ordnungsgemässen Signalisierung von Mängeln. 
  • Informierte Entscheidungsfindung: Befähigung der Bediener zu rechtzeitigem und fundiertem Handeln, z. B. bei der Entscheidung, ob ein Produkt verschrottet, die Produktion fortgesetzt oder die Aufsichtsbehörde eingeschaltet werden soll. 

Auch wenn unser derzeitiger Schwerpunkt auf der Qualitätskontrolle liegt, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Anwendung nur ein Beispiel unter vielen möglichen Szenarien ist, einschliesslich Sicherheitstraining, Anlagenwartung, Optimierung von Fertigungsprozessen usw.

Das Projekt wird unterstützt von HES-SO Domaine Ingénierie et Architecture. 

Sie wollen mehr darüber erfahren und auch die weiteren Forschungsprojekte nicht verpassen?

An der 9. F&E-Konferenz zu Industrie 4.0 vom 24. Januar 2024 werden Projekte aus den Bereichen Artificial Intelligence, Smart Factory, Digital Twin und vielen mehr vorgestellt. Die begleitende Posterausstellung gibt Ihnen zudem die Möglichkeit, mit den Referierenden direkt ins Gespräch zu kommen und sich vertieft zu informieren. 

Programm und Anmeldung

 

 

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Letzte Aktualisierung: 12.01.2024