Startseite Engagement Fachkräfte Keine Bewerbungsdossiers von weiblichen Fachkräften?
Ansprechpartner  Zora Bosshart Zora Bosshart
Ressortleiterin
+41 44 384 42 23 +41 44 384 42 23 z.bosshartnoSpam@swissmem.ch
Teilen

Keine Bewerbungsdossiers von weiblichen Fachkräften?

Dann ist es Zeit für sichtbar gelebte Diversität in der Unternehmenskultur. Wie das in der Praxis aussieht, erzählen Evelyne Bucher, Serviceleiterin der Geschäftsstelle Luzern und «Swiss Diversity Member» bei Schindler Aufzüge AG, sowie Bernhard Gisler, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Personal in der Schweizer Konzerngesellschaft.

Das Interview mit Evelyne Bucher fĂĽhrte Zora Bosshart, Ressortleiterin Arbeitgeberpolitik

Schindler Aufzüge hat vor einigen Jahren die «Swiss Diversity Initiative» ins Leben gerufen. Wieso?

Bernhard Gisler: Unsere Unternehmenskultur bei Schindler Schweiz stellt den Menschen ins Zentrum und strebt eine Unternehmenskultur der Vielfalt und Inklusion für alle an. Nur wenn ein Mensch sich in seinem Umfeld rundum wohlfühlt, entfaltet er sein volles Potenzial. Wir wollen so vielfältig sein wie unsere Kunden und Passagiere.

Evelyne Bucher, Sie arbeiten seit 6 Jahren bei Schindler AufzĂĽge AG und sind gerade zur Serviceleiterin der Geschäftsstelle Luzern befördert worden – Diversität ist nicht nur ein Anliegen von Ihnen, sondern ein persönliches Attribut.  Wie kam es dazu?

Evelyne Bucher: Ich habe schon immer freie Kapazitäten genutzt, um mich bereichsübergreifend innerhalb des Unternehmens zu engagieren und weiterzuentwickeln. Auf diesem Weg habe ich sehr viel Förderung und Unterstützung erfahren und möchte dies so weitergeben - da bot sich die Mitarbeit im Diversity Komitee einfach an. Persönlich kam das Interesse am Thema nach einem längeren Sprachaufenthalt in San Francisco, wo ich innerhalb einer LGBT* Community lebte. Dies hat meine Denkhaltung gegenüber meinem Mitmenschen - egal wie er ist - massgeblich geprägt.

«Die Lehrbetriebe werden auf das mangelnde Interesse von Mädchen an technischen Berufen reagieren mĂĽssen. »

Evelyne Bucher, Serviceleiterin der Geschäftsstelle Luzern und «Swiss Diversity Member» bei Schindler Aufzüge AG

Hatten Sie externe UnterstĂĽtzung bei Ihrem Projekt?

Evelyne Bucher: Auf Vermittlung von Swissmem hatten wir Unterstützung von einem externen Consulting-Unternehmen, spezialisiert auf Gender Diversity, um in Sachen Geschlechter-Diversität weiter vorwärts zu kommen. Das Beratungsunternehmen erstellte für uns sowohl eine quantitative als auch qualitative Analyse, was das Komitee dazu ermutigt hat, klare Zielwerte und KPIs für besseres Diversity Management zu definieren und einzuführen.

Was war an Ihren bisherigen Massnahmen falsch? Wie misst Schindler AufzĂĽge den Erfolg der neuen Massnahmen?

Evelyne Bucher: Nichts. Die Diversity Initiative hat in allen Dimensionen der Diversität Handlungsfelder erkannt und wir sind diese euphorisch angegangen, haben Massnahmen konzipiert und umgesetzt. Einige schnell und erfolgreich, andere brauchen noch mehr Zeit. Dank umfangreicher Faktenlage und mittels Einsatzes von KPIs sind wir heute in der Lage, die Entwicklung der gezielten Massnahmen zu überwachen, zu steuern und einzugreifen.

 

Sie möchten auf dem Laufenden bleiben? Erhalten Sie regelmässig Informationen zu HR-Themen der Branche und abonnieren Sie einen unserer Newsletter.

Gab es praktikable und kurzfristige Massnahmen, die sofort und nachhaltig im Unternehmen umgesetzt werden konnten?

Bernhard Gisler: Ja, davon gab es einige, z.B. die Bildwelt und das Wording bei Stellenausschreibungen, sowie die existierenden Massnahmen sichtbarer zu machen und diese besser im Employer Branding zu reflektieren. Auf den Vorstoss der Massnahme für flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten hatte die aktuelle Pandemie einen positiven Einfluss.

Würden Sie auch KMU’s raten, die Unternehmenskultur in Sachen Diversität und Inklusion zu überdenken?

Bernhard Gisler: Jederzeit, denn Diversity Management ist keine Trenderscheinung. Als strategisches Unternehmensinstrument zielt es darauf ab, die Unterschiedlichkeit der Mitarbeitenden zu nutzen und die Vielfaltspotenziale in allen Unternehmensprozessen auszuschöpfen. Nur schon aufgrund der demografischen Entwicklung sollte die Personalpolitik den Fokus auf Arbeitsgruppen richten, denen sie bislang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Das Potenzial ist riesig.

«Diversity Management ist keine Trenderscheinung. Als strategisches Unternehmensinstrument zielt es darauf ab, die Unterschiedlichkeit der Mitarbeitenden zu nutzen und die Vielfaltspotenziale in allen Prozessen auszuschöpfen.»

Bernhard Gisler, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Personal in der Schweizer Konzerngesellschaft von Schindler

Was plant Schindler Aufzüge AG betreffend «Diversity» in Zukunft?

Bernhard Gisler: Wir haben mit der neuen internen Strategie «Puls150» gerade eine neue Kulturreise begonnen, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben und unsere Kundenzufriedenheit weiter zu erhöhen. Engagierte Teams, die Spass am gemeinsamen Erfolg haben, sind dafür unerlässlich. Und Studien belegen, dass heterogene Teams, die einladen, statt auszuschliessen, einfach leistungsfähiger sind. In diesem Sinne läuft gerade ein Talentprojekt zum Thema «Inklusion», wir organisieren ständige Netzwerktreffen für weniger stark vertretene Gruppen (u.a. Geschlechterbalance, Working Parents, LGBTIQ-Lunches). Wie Evelyne schon gesagt hat, checken wir die Faktenlage zu entsprechenden Fortschritten regelmässig im Rahmen unserer Mitarbeiterbefragungen oder Management-Reviews, damit wir nicht bloss Absichten kommunizieren, sondern auch konkrete Ergebnisse in den einzelnen Teams vergleichen und von den Besten lernen können.

Was war und ist die grösste Herausforderung im Rahmen dieser Initiative? Ist ein erfolgreiches Diversitäts- und Inklusions-Management überhaupt möglich oder eine Mission Impossible?

Bernhard Gisler: Es ist keine Mission Impossible, ganz im Gegenteil. Die grösste Herausforderung seit Beginn ist es, alle Mitarbeitenden im Feld über die wichtigen Multiplikatoren des Unternehmens zu erreichen. Wir haben hier zwei konkrete Massnahmen ergriffen, deren Umsetzung die Geschäftsleitung eng begleitet: 1) Unter Leitung eines Geschäftsleitungsmitglieds gibt es das bereits beschriebene «Inklusion und Diversity Komitee» mit einem breit vernetzten Ambassadoren-Team, das sich regelmässig trifft und den entsprechenden Mindset in die Organisation trägt. 2) Wir haben wie bereits angedeutet mit der Strategie «Puls150» eine sehr konkrete und die ganze Firma mobilisierende Kulturbildung lanciert, die wirklich alle Mitarbeitenden und deren individuelle Bedürfnisse miteinbezieht.

Nur wenige Frauen entscheiden sich für technische Grundbildungen. Müsste man da nicht schon früher ansetzen? Wie könnte man hier Ihrer Meinung nach eine Änderung bewirken?

Evelyne Bucher: Aufklärung und Zuspruch sind fundamental. Die Lehrbetriebe werden über kurz oder lang auf das mangelnde Interesse von Mädchen an technischen Berufen reagieren müssen. Es gibt heutzutage für eine Frau viele Gründe, eine technische Ausbildung zu absolvieren.

Ich freue mich auf die kommende Generation - die selbstbewussten, weiblichen Talente, welche eine technische Laufbahn einschlagen, sich viel zutrauen und ihre Fähigkeiten nicht hinterfragen. Ebenso glaube ich, dass ein Grossteil der Jungen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben jetzt zuhause durch ihre berufstätigen Eltern erleben und wissen, dass das Geschlecht keine Benachteiligung ist.

Was raten Sie unseren Mitgliedern der MEM-Branche aufgrund Ihrer neuesten Erkenntnisse zum Thema Fachkräftebedarf und Diversität?

Bernhard Gisler: Ich denke, jedes Unternehmen sollte sich unbedingt mit diesem Thema befassen, damit sich eine diverse und inkludierende Haltung und nicht zuletzt deren positive Auswirkungen auf den Geschäftserfolg vollends in der Schweizer Unternehmenskultur etabliert. Eine solide I&D-Politik hat einen Einfluss darauf, wie attraktiv und innovativ ein Unternehmen für Mitarbeitende ist.

 

War dieser Artikel lesenswert?

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Letzte Aktualisierung: 26.04.2021