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Krank im Urlaub – darf ich die Ferien nachbeziehen?

Der Sommer steht vor der TĂŒr und damit auch die Ferienzeit. Doch was bedeutet es fĂŒr die arbeitsrechtliche Praxis, wenn Krankheit oder Unfall der verdienten Erholungszeit einen Strich durch die Rechnung machen?

Ferien dienen der Erholung. Doch Krankheit oder Unfall können den Erholungszweck vereiteln. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmende unter UmstĂ€nden ferienunfĂ€hig ist und die entsprechenden Ferientage als nicht bezogen betrachtet werden. Tritt diese FerienunfĂ€higkeit vor Antritt des Urlaubs ein, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Verschiebung. VorgĂ€ngig ist jedoch unbedingt zu prĂŒfen, ob es sich dabei um eine ArbeitsunfĂ€higkeit mit oder ohne FerienunfĂ€higkeit handelt.

Die Rechtsprechung hÀlt hierzu fest, dass FerienunfÀhigkeit dort gegeben ist, wo eine Krankheit mit Bettruhe, Behandlungen oder wiederholten Arztbesuchen verbunden ist. Wird indessen der Erholungszweck durch die Krankheit nicht beeintrÀchtigt, so kann im Einzelfall eine ArbeitsunfÀhigkeit ohne FerienunfÀhigkeit vorliegen und dem Arbeitnehmer steht kein Recht auf Nachbezug von Ferien zu.

Konkret kann gesagt werden, dass eine Erkrankung oder ein Unfall vorliegen mĂŒssen, welche ein erhebliches Mass an BeeintrĂ€chtigung und eine gewisse IntensitĂ€t der Gesundheitsstörung aufweisen. Eine kleinere Verletzung, die weder die FerienaktivitĂ€ten massgeblich einschrĂ€nkt oder den Arbeitnehmenden zwingt zu Hause zu bleiben, beeintrĂ€chtigt den Erholungszweck der Ferien nicht. Dies gilt insbesondere in FĂ€llen, in welchen der Mitarbeitende 1-2 Tage wegen Fieber, Unwohlsein oder Kopfschmerzen, einer Verstauchung oder einem gebrochenen Finger «ausser Gefecht» ist, und zwar unabhĂ€ngig davon, ob dies der Arbeitsleistung entgegensteht.

Wie verhĂ€lt es sich, wenn plötzlich in den Ferien unerwartet nĂ€chste Angehörige gepflegt werden mĂŒssen? Auch hier gilt, dass der Erholungszweck nur verunmöglicht wird, sofern es sich dabei um eine anhaltende und intensive BetreuungstĂ€tigkeit gehandelt hat. War z.B. das Kind wĂ€hrend der Ferien an Grippe erkrankt und einige Tage bettlĂ€gerig, so ist damit der Erholungszweck nicht beeintrĂ€chtigt.  

Kann man nun bei einer Krankheit in den Ferien einfach die Ferien verlĂ€ngern? Hier heisst es ganz klar: Nein! Es gelten auch hier die ĂŒblichen Regelungen wie bei jeder krankheitsbedingten Abwesenheit. Erkrankt der Arbeitnehmer wĂ€hrend der Ferien, hat er die Krankheit oder den Unfall unverzĂŒglich dem Arbeitgeber zu melden. Es muss dem Arbeitgeber möglich sein, eigene AbklĂ€rungen in Bezug auf die Arbeits- und FerienunfĂ€higkeit vorzunehmen (z.B. Vertrauensarzt zuziehen).

Bei einer FerienunfĂ€higkeit entscheidet der Arbeitgeber, ob eine VerlĂ€ngerung der Ferien gewĂ€hrt wird oder ob diese zu einem spĂ€teren Zeitpunkt nachbezogen werden. Der Arbeitgeber bestimmt den Zeitpunkt der Ferien unter BerĂŒcksichtigung der betrieblichen Interessen. Dies bedeutet fĂŒr den Arbeitnehmer, dass er allenfalls zur Arbeit zurĂŒckzukehren muss, wenn die bewilligten Ferien abgelaufen sind, bzw. sobald er wieder arbeits- und reisefĂ€hig ist.

Der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass aufgrund des Unfalls oder der Erkrankung wÀhrend der Ferien der Zweck der Erholung nicht erreicht werden konnte, damit die Ferientage wieder gutgeschrieben werden. Dies kann er in der Regel mit dem Vorlegen eines Arztzeugnisses tun. Gewöhnlich bestÀtigt das Arztzeugnis jedoch nur, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfÀhig ist, jedoch nicht, dass er gleichzeitig ferienunfÀhig ist. Kann dieser Nachweis also nicht erbracht werden, erfolgt kein Nachbezug.

Bei einem Auslandaufenthalt ist zu empfehlen, den Arbeitnehmenden darauf hinzuweisen, ein Arztzeugnis eines lokalen Spitals beizubringen. In der Praxis ist es oftmals schwierig, ein in der Landessprache ausgestelltes Arztzeugnis zu verstehen bzw. korrekt zu interpretieren.

Wenn der Arbeitgeber die Echtheit des Arztzeugnisses bzw. der geltend gemachten FerienunfĂ€higkeit bezweifelt, kann er den Arbeitnehmer auffordern, den behandelnden Arzt (z.B. im Ausland) von der Schweigepflicht zu entbinden. Dies ermöglicht dem Arbeitgeber, nĂ€heres zu den GrĂŒnden der Ă€rztlichen Konsultation und der Diagnose zu erfahren.

Es ist sicherlich nĂŒtzlich, die Arbeitnehmenden im Rahmen eines allgemeinen Merkblatts ĂŒber das Vorgehen bei einer Erkrankung oder einem Unfall in den Ferien zu informieren. Wichtig dabei ist der Hinweis, sich sofort und nicht erst nach der RĂŒckkehr beim Arbeitgeber zu melden.

FĂŒr weitere Fragen steht den Mitgliedfirmen von Swissmem Claudio Haufgartner, Ressortleiter Bereich Arbeitgeberpolitik (c.haufgartnernoSpam@swissmem.ch), gerne zur VerfĂŒgung.

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Letzte Aktualisierung: 17.06.2022