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«Die nächste BVG-Reform kommt frühestens in zehn Jahren»

Swissmem hat sich im Auftrag der Mitgliedfirmen fĂĽr die BVG-Reform eingesetzt, welche die StimmbĂĽrger am Sonntag (22. September) aber sehr deutlich versenkt hatten. Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher zieht die Lehren und sagt, was das fĂĽr die verbandseigene Pensionskasse bedeutet.

Die BVG-Reform ist wuchtig abgelehnt worden. Swissmem und andere Wirtschaftsverbände haben sich im Auftrag der Firmen fĂĽr die Reform stark gemacht. Enttäuscht? 

Stefan Brupbacher: Absolut, wir haben uns sehr stark engagiert. Und hatten auch die richtigen Argumente: Verbesserung der Stellung der Frauen mit tiefen Pensen und tiefen Löhnen, Verbesserung für die älteren Mitarbeitenden und weniger Finanztransfer von Jungen zu Älteren. Leider aber haben das Zahlenwirrwarr der Gewerkschaften und die falschen Zahlen des Bundes zu einer zu starken Verunsicherung geführt.

Jetzt machen Sie es sich aber ein bisschen einfach. Es scheint doch einfach so, dass die Position der Wirtschaft nicht glaubwĂĽrdig erschien, jene der Gewerkschaften hingegen schon. 

Die Gewerkschaften hantieren seit Jahren mit dem immer gleichen Narrativ, auch bei dieser Vorlage. Und ja, wir haben unsere Argumente nicht an die StimmbĂĽrgerin und den StimmbĂĽrger gebracht.

Man hat die AHV-Vorlage verloren. Jetzt die BVG-Reform. Die Frage, wie die Wirtschaft ihre Anliegen ĂĽberhaupt noch an die Bevölkerung vermittelt, ist eminent.  

Ich würde die beiden Vorlagen auseinanderhalten. Bei der 13. AHV wollte man sich selbst etwas gönnen, ohne die Finanzierung gleichzeitig gutheissen zu müssen. Bei der folgenden Abstimmung zur Finanzierung werden wir sehen, ob auch da zugestimmt wird.

Aber wir sehen, dass grosse, einschneidende Reformvorlagen vom Volk nur angenommen werden, wenn der finanzielle Druck deutlich ist. Dieser Druck besteht heute weder bei der AHV – auch wenn die 1. Säule schon ab 2026 in tiefrote Zahlen rutscht – noch BVG. Ohne aber haben es komplexen Vorlagen einfach sehr schwer, egal, ob der Widerstand von rechts oder von links kommt. 

Sie haben also nicht die generelle BefĂĽrchtung, dass die Wirtschaft an GlaubwĂĽrdigkeit verloren hat? 

Nein. Wenn man Umfragen bezĂĽglich GlaubwĂĽrdigkeit anschaut, sieht man: Namentlich kleine und mittlere Firmen und solche, die im Export stehen, haben durchaus GlaubwĂĽrdigkeit.

Aber wir haben es – vor allem Wirtschaftsverbände und bĂĽrgerliche Parteien – verpasst, das Narrativ der Bedeutung der Wirtschaft zu pflegen. Und die Einhaltung von Grundsätzen vorzuleben, die uns allen bereits unsere GrossmĂĽtter erklärt haben, wie zum Beispiel nur auszugeben, was man einnimmt. Wir mĂĽssen vermeintlich klare Grundsätze ins Zentrum rĂĽcken, vorleben, ihre Sinnhaftigkeit vermitteln. Hier mĂĽssen wir investieren, um die Bevölkerung mitzunehmen. Die Linke pflegt ihre Erzählung seit 20 Jahren: «Nein zur Globalisierung, Nein zu Eigentum, Nein zu Privatinitiative, Nein zu Unternehmen». 

Mit der Spardebatte steht eine weitere, richtungsweisende Auseinandersetzung auf der Agenda.

Wir haben es geschafft, die Schuldenbremse vor den Angriffen von Links zu schützen. Das stimmt mich zuversichtlich, denn die Schuldenbremse ist ganz in der Bevölkerung verankert ist.

Das Volk weiss, dass man Politiker an den Mast binden muss, weil sie sonst den Sirenengesängen der Mehrausgaben nachgeben. Ob dann tatsächlich gespart, oder besser gesagt weniger ausgegeben wird, da bin ich mir nicht so sicher. Der Weg, einfach Steuern und Abgaben zu erhöhen, ist fĂĽr gewisse Parteien der einfachere und damit verlockendere. 

Zurück zur BVG-Reform. Sie sind selber im Stiftungsrat in der Pensionskasse von Swissmem, der vier Verbände angeschlossen sind. Welche Auswirkungen hat das Nein kurz- und langfristig?

Wenig, weil wir bereits einen Umwandlungssatz unter 5% haben. Damit sind wir fĂĽr die Zukunft gut aufgestellt: Die Quersubventionierung durch Besserverdienende aus dem ĂĽberobligatorischen Bereich in den obligatorischen Bereich wird aber weitergehen. Zudem stehen Verbände weniger hart am Markt als Firmen. Deshalb sind bei uns Personen ĂĽber 50 Jahren weniger dem Druck durch hohe PK-Abgaben ausgesetzt. Und wir haben kaum Frauen mit tiefen Löhnen und kleinen Pensen. 

Letzte Frage: BVG-Reform ist gescheitert, wann kommt die nächste?

FrĂĽhestens in zehn Jahren. Zuerst muss man sich auf die AHV-Reform fokussieren. Da muss der Bundesrat die strukturelle Reform auf 2026 vorschlagen. Und wir mĂĽssen mit Ăśberzeugungsarbeit die Anliegen einer fĂĽr alle funktionierenden Wirtschaft zu den Menschen bringen. 

Das Interview fĂĽhrte Michael Perricone, Ressortleiter Swissmem.

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Letzte Aktualisierung: 23.09.2024