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Ferienkauf im Arbeitsverhältnis – was ist zu regeln?

Arbeitszeitflexibilität ist in aller Munde. Viele denken dabei an Teilzeit, unbezahlter Urlaub, Gleitzeit etc. Immer öfter sieht man jedoch in Stellenausschreibungen auch die Möglichkeit des «Ferienkaufs».

Einige Unternehmen bieten ihren Arbeitnehmenden die Möglichkeit an, zusätzlich zum gesetzlichen oder vertraglichen Ferienanspruch Ferientage einzukaufen. Dies bietet den Arbeitnehmenden einen zusätzlichen Benefit und eine flexiblere Gestaltung der Work/Life Balance. Eine andere Möglichkeit, Mitarbeitenden mehr freie Zeit zu gewähren, ist der unbezahlte Urlaub. Dieser ist aber in der Regel für längere Abwesenheiten gedacht und kann in den meisten Fällen auch nicht flexibel bezogen werden.

Der Ferienkauf ist gesetzlich nicht geregelt und die juristische Literatur und Rechtsprechung dazu ist dürftig. Bei einer solchen Ausgangslage ist es für die betroffenen Parteien immer besonders wichtig, klar festzulegen, welche Bedingungen und Regeln im Arbeitsverhältnis gelten sollen. Am besten geschieht dies mittels schriftlicher Vereinbarung oder Bestimmung im Arbeits-/Personalreglement.

Anspruch und Bezug

Wichtig ist zu definieren, wann ein Anspruch auf Ferienkauf besteht und wer davon profitieren kann. Natürlich gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Arbeitnehmenden, dennoch muss man sich als Arbeitgeber/in genau überlegen, welche Auswirkungen zusätzliche Ferientage von Mitarbeitenden auf die Gesamtorganisation, die einzelnen Abteilungen oder das Stellvertretungssystem haben. Gilt der Anspruch vorbehaltslos oder besteht ein internes Bewilligungssystem unter Prüfung der Betriebsbedürfnisse? Macht es Sinn, dass der Arbeitnehmer im befristeten Arbeitsvertrag und der kurzfristig angestellte Temporärmitarbeiter sowie der Lernende Ferientage einkaufen können?

Ebenso sollte klargestellt werden, dass der effektive Bezug der zusätzlichen Ferien vorgängig mit dem Vorgesetzten/Geschäftsleitung abgesprochen werden muss. Und es muss vereinbart werden, was mit den gekauften Ferien geschieht, die nicht bezogen werden können (Rückzahlung? Übertragung ins Folgejahr?)

Anzahl

In der Regel können max. 20 Arbeitstage pro Kalenderjahr eingekauft werden. Man sollte als Unternehmen bedenken, dass solche Ferieneinkäufe immer mit einem administrativen und organisatorischen Aufwand einhergehen, weshalb meist ein Ferienblock von 10 oder 20 Tagen eingekauft werden kann und nicht einzelne Tage. Zusammen mit den obligatorischen oder vertraglichen Ferien ergibt dies ein Ferienpensum zw. 30 und 45 Tagen – diese «Abwesenheiten» muss ein Unternehmen organisatorisch und personell stemmen können.

Kosten

Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber sollte ebenfalls festlegen, wieviel ein Ferientag kostet. Dabei bestehen unterschiedliche Berechnungsmöglichkeiten: 1. Variante: Grundsätzlich wird von durchschnittlich 21.75 Arbeitstagen pro Monat ausgegangen, macht 261 Arbeitstage pro Jahr: 1 Ferientag = 1/261 des Jahreslohns. 2. Variante: 261 Arbeitstage abzüglich des üblichen jährlichen Ferienanspruchs und der Feiertage: 1 Ferientag = 1/261(-Ferienanspruch, -Feiertage) des Jahreslohns. 3. Variante: Genaue Berechnung der effektiven Arbeitstage für das jeweilige Kalenderjahr, abzüglich übliche Ferien- und Feiertage: 1/XXX (-Ferienanspruch, - Feiertage). Eine Vorschrift zur Berechnung besteht nicht, weshalb grundsätzlich der Arbeitgeber entscheidet, wieviel ein Ferientag kostet. Mit Vorteil wird jedoch ein verhältnismässiger Preis festgelegt.

Ebenfalls sollte geklärt werden, bis wann ein allfälliger Ferienkauf mitgeteilt werden muss und wann dieser mit dem Lohn verrechnet wird. Dabei kann z.B. festgelegt werden, dass Ferienkäufe für das kommende Jahr bis November des laufenden Jahres eingegeben werden, die Verrechnung mit dem Lohn jedoch erst bei effektivem Bezug erfolgt.

FerienkĂĽrzung

Die Frage, ob ein Ferienkauf zu Ferienkürzung (Art. 329b OR) führen kann, ist unseres Wissens rechtlich nicht geklärt. Der Grundsatz lautet: «ohne Arbeit keine Ferien», d.h. wenn nicht gearbeitet wird, soll auch der Anspruch auf Ferien nicht anwachsen. Beim Ferienkauf jedoch von einer selbstverschuldeten Arbeitsverhinderung auszugehen, ist zumindest zweifelhaft. Von einem nicht rechtlichen Standpunkt aus gesehen ist es zumindest fragwürdig, wenn Arbeitnehmer Ferien kaufen können, ihnen dafür aber wieder Ferien abgezogen werden….

Krankheit und Unfall

Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin darf, sofern kein anderer Nachweis erbracht wird, davon ausgehen, dass ein Arbeitnehmer trotz Krankheit oder Unfall ferienfähig ist. Die Ferien können somit trotz Arbeitsunfähigkeit vom Ferienkonto abgezogen werden. Beim unbezahlten Urlaub hingegen spielen Krankheiten/Unfälle in der Regel keine Rolle. Man geht davon aus, dass das Arbeitsverhältnis während dieser Zeit «eingefroren ist» und damit bestehen auch keine gegenseitigen Ansprüche und Pflichten. Was gilt nun für die «zusätzlichen» Ferientage? Mangels gesetzlicher Regelung sind Arbeitgeber gut beraten, hier eine klare Regel aufzustellen. Entweder werden die Ferien so behandelt wie die «üblichen» Ferien (bei Ferienunfähigkeit können diese nachgeholt werden) oder es gelten die Regeln des unbezahlten Urlaubs – wonach die Ferien eben nicht nachgeholt werden können.

Feiertage

Es ist klar, dass Ferien normalerweise so gelegt werden, dass arbeitsfreie Feiertage die Ferien ergänzen. Nichtsdestotrotz kann es vorkommen, dass sich gekaufte Ferien mit arbeitsfreien Feiertagen «überlappen» (z.B. wenn ein Arbeitnehmer über Weihnachten/Neujahr zwei Wochen gekaufte Ferien einziehen möchte). Es stellt sich dieselbe Frage wie bei Krankheit und Unfall: Entweder wird der Ferienkauf analog wie die «üblichen» Ferien behandelt oder dann wie unbezahlter Urlaub. Im ersten Fall führen die arbeitsfreien Feiertage nicht zu einem Ferienabzug, im zweiten schon. Dies ist mit Vorteil vorab zu regeln.

Kranken- und Unfallversicherung

Der Vorteil vom Ferienkauf ist gerade, dass keine Regelungen betreffend Kranken- und Unfallversicherung getroffen werden müssen – die Versicherungen laufen weiter. Dies sollte zur Klarstellung ebenfalls in einer Vereinbarung/einem Reglement erwähnt werden.

Sozialversicherungen

In der Regel, wird der Ferieneinkauf mit dem Lohn verrechnet. Der Jahreslohn fällt damit ein wenig tiefer aus, womit z.B. die AHV-Beiträge ebenfalls etwas tiefer ausfallen. Sofern es sich um eine kurze vorübergehende Lohn- und Arbeitszeitreduktion handelt, wird wohl auch keine Anpassung der gemeldeten Lohnsumme bei der Pensionskasse ergehen müssen. Dies hat allerdings zur Folge, dass die vorab berechneten PK-Beiträge im Vergleich zur Lohnsumme etwas höher ausfallen. Klären Sie dies zur Sicherheit vorgängig mit Ihrer Pensionskasse ab.

Sonstiges

Einige Firmen berücksichtigen die zusätzlichen Ferien und die damit einhergehenden Abwesenheiten entsprechend bei den Erfolgsbeteiligungen. Auch dieser Punkt müsste vorgängig zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geregelt werden.

Swissmem-Mitgliedern gibt Zora Bosshart, Ressortleiterin Bereich Arbeitgeberpolitik (044 384 42 23 oder z.bosshartnoSpam@swissmem.ch), gerne Auskunft.

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Letzte Aktualisierung: 24.02.2022