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Verjährungsfrist des Arbeitszeugnisses

Im Zusammenhang mit der Ausstellung oder Berichtigung eines Arbeitszeugnisses stellt sich oft die Frage, bis wann der Arbeitnehmende ein solches Recht geltend machen kann. Ein kürzlich veröffentlichter Bundesgerichtsentscheid hat in dieser Angelegenheit endgültig Klarheit geschaffen.

Gemäss Art. 330a Abs. 1 OR kann der Arbeitnehmende jederzeit vom Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis verlangen. Obwohl der Zeugnisanspruch des Arbeitnehmenden zu den Fürsorgepflichten des Arbeitgebers gehört, bedeutet diese Pflicht jedoch nicht, dass er von sich aus, unaufgefordert und periodisch, ein Arbeitszeugnis zugunsten des Arbeitnehmenden ausstellen muss. Vielmehr muss der Arbeitnehmende während (Zwischenzeugnis) oder bei Beendigung (Schlusszeugnis) des Arbeitsverhältnisses das Zeugnis einfordern. Eine Einschränkung hinsichtlich der «jederzeitigen» Ausstellung eines Arbeitszeugnisses besteht zum Beispiel auch, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer gegen den Arbeitnehmenden laufenden Strafuntersuchung keine definitive Einschätzung über die Qualität der Arbeitsleistung sowie über die moralische Integrität des Mitarbeitenden abgeben kann (BGer 24.04.1997 in JAR 1997, S. 167). 

Fälligkeit und Zeitpunkt der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis wird fällig, sobald der Arbeitnehmende die Ausstellung eines solchen verlangt. Unabhängig von einer Geltendmachung durch den Arbeitnehmenden wird der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis auf jeden Fall aufgrund von Art. 339 Abs. 1 OR mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig.

Nicht eindeutig geklärt ist die Frage, wie lange der Arbeitgeber Zeit hat, um ein Arbeitszeugnis auszustellen, nachdem der Arbeitnehmende dies ausdrücklich verlangt hat. Grundsätzlich soll das Arbeitszeugnis, mangels einer anderslautenden Regelung, als Schuldverpflichtung gemäss Art. 75 OR «sogleich» ausgestellt werden. Dabei muss dieser Begriff nach Treu und Glauben ausgelegt werden. Obwohl ein Genfer Entscheid (SAE 2000 S. 45) als oberste Frist für die Erstellung eines Schlusszeugnisses zwei Monate festlegte, geht die heutige Lehre davon aus, dass für die Erstellung einer Arbeitsbestätigung zwei Tage und für ein Vollzeugnis zwei Wochen reichen müssen.

Verjährung des Anspruches

Der Anspruch des Arbeitnehmenden auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses stellt eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachwirkende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers da. Dabei stellt sich die Frage, wann ein solcher Anspruch überhaupt verjährt. Obwohl die herrschende Lehre und gewisse kantonale Gerichte die Verjährung gemäss den allgemeinen Regeln von Art. 127 OR nach zehn Jahren eintreten liessen, wurde diese Frage erst vor Kurzem durch das Bundesgericht entschieden.

Die neue Rechtsprechung des Bundesgerichts in BGer 4A_295/2020 vom 28. Dezember 2020

Im kürzlich publizierten Entscheid BGer 4A_295/2020 vom 28. Dezember 2020 befasste sich das Bundesgericht zum ersten Mal mit der Verjährung eines Anspruchs auf ein Arbeitszeugnis. Dabei unterstrich es, dass der Zeugnisanspruch der allgemeinen Verjährung von zehn Jahren gemäss Art. 127 OR und nicht der besonderen Verjährung für arbeitsrechtliche Forderungen gemäss Art. 128 Ziff. 3 OR unterstellt ist.

Die Erwägung war, dass das Arbeitszeugnis keine geldwerte Forderung und demnach nicht der speziellen kürzeren Verjährung von fünf Jahren gemäss Art. 128 Ziff. 3 OR unterstellt sei. Obwohl die Ausstellung oder Verbesserung eines Arbeitszeugnisses im weitesten Sinn einen Geldwert haben kann (BGE 116 II 379 E. 2b), stellt eine solche Forderung keinen auf ein Entgelt basierenden Anspruch im Sinne der kürzeren Verjährungsfrist von Art. 128 Ziff. 3 OR dar. Abschliessend hielt das Bundesgericht noch fest, dass im Falle von Ferien die kürzere Verjährungsfrist von fünf Jahren gelte (BGE 136 III 94), da Ferien ganz klar eine Lohnforderung darstellen würden. 

Kein Schutz bei einer missbräuchlich verspäteten Geltendmachung des Zeugnisanspruches

Wenn der Arbeitnehmende zur Geltendmachung des Zeugnisanspruchs willentlich längere Zeit zuwartet (zum Beispiel bis der verantwortliche Vorgesetzte oder die verantwortliche HR-Person aus der Firma ausgeschieden oder aber die massgebenden Unterlagen nicht mehr vorhanden sind), wird eine rechtsmissbräuchliche Handlung und somit eine Verwirkung des Rechts auf das Arbeitszeugnis angenommen. In diesem Fall kann sich der Arbeitnehmende nicht mehr auf die Verjährungsfrist von zehn Jahren berufen.

Swissmem-Mitgliedern gibt Marcel Marioni, Ressortleiter Bereich Arbeitgeberpolitik (044 384 42 09 oder m.marioninoSpam@swissmem.ch) Auskunft.

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Letzte Aktualisierung: 11.02.2021