Was macht für Sie eine gute Führungskraft aus?
Antoinette Weibel: Die Pandemie hat uns gezeigt, wie schnell sich eine Situation ändern kann. Plötzlich waren die Mitarbeitenden im Homeoffice, was zu Distanz und weniger Kontakt führte. Sicherstellen zu wollen, dass alles nach Plan läuft und man als Vorgesetzter die Kontrolle behält, wurde mit diesen Ereignissen in Frage gestellt.
Aus meiner Sicht ist die Aufgabe eine andere. Eine gute Führungskraft unterstützt und befähigt die Mitarbeitenden, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen weiterzuentwickeln und gemeinsam Herausforderungen anzupacken. Dazu kann auch gehören, als Vorgesetzter mal in der zweiten Reihe zu stehen.
Eine solche Haltung setzt Vertrauen voraus. Sie forschen seit vielen Jahren zu diesem Thema: Was genau verstehen Sie darunter?
Vertrauensforscher definieren den Begriff folgendermassen: « Vertrauen ist der Wille, sich verletzlich zu machen.» Mit anderen Worten geht es um die Bereitschaft, sich in Abhängigkeit zu begeben, ohne immer alles absichern zu können.
Gibt es Studien die den Nutzen von Vertrauen belegen?
Ja, davon gibt es viele und sie belegen verschiedene direkte Effekte. Eine gute Vertrauenskultur führt zu einer deutlich höheren Produktivität, sie stärkt aber auch den Mut, Neues auszuprobieren oder seine ehrliche Meinung zu äussern. In Veränderungsprozessen sind die Mitarbeitenden zudem eher bereit, die Entscheide mitzutragen.
Ganz ohne Kontrolle geht es aber auch nicht? Viele Unternehmen setzen auf Zielvereinbarungen und Leistungsmessung.
Das sind tatsächlich Instrumente, die stark debattiert werden. Eine zunehmend dynamische Arbeitswelt erschwert das Festlegen von sinnvollen Jahreszielen. Selbstverständlich braucht es Ziele, doch sollten diese unter Einbezug der Mitarbeitenden und ihres «Insiderwissens» entstehen. Leistungsevaluationen stehe ich eher skeptisch gegenüber. Statt Erfolge zu messen, sollte man vielmehr ins Lernen kommen und sich in den Gesprächen gegenseitig spiegeln. Boni wiederum führen zu Fehlleistungen, weil finanzielle Anreize dazu neigen, die intrinsische Motivation zu verdrängen, was gerade bei Wissensarbeit fatal ist.
Welche Führungsqualitäten werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen?
Führungskräfte müssen selber stärker ins Vertrauen gehen, sich als Mensch zeigen und dazu stehen, dass man nicht alles weiss. Es gilt zu verstehen, dass man zwar innerhalb der Hierarchie eine gewisse Rolle innehat. Diese wird aber vermehrt zur Teilführung wird und man muss Verantwortung abgeben können.
3 Tipps für Führungskräfte
Zuhören
Dies ist die effektivste Führungsmethode. Nehmen Sie sich Zeit und treten Sie in einen echten Dialog mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Reflektieren
War das eigene Handeln sinnvoll? Welche Konsequenzen haben sich daraus ergeben? Nur wer regelmässig reflektiert, kann optimieren.
Vertrauen
Wer Menschen gerne hat und darin vertraut, dass sie prinzipiell Gutes wollen, ist klar im Vorteil. Lassen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitdenken und mitwirken!
Das Gespräch führte Gabriela Schreiber, Swissmem.
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