Startseite Wissen Personalwesen Arbeitsrecht Wechsel der Vorsorgelösung – unbedingt zu beachten
Ansprechpartner  Claudio Haufgartner Claudio Haufgartner
Ressortleiter
+41 44 384 42 26 +41 44 384 42 26 c.haufgartnernoSpam@swissmem.ch
Teilen

Wechsel der Vorsorgelösung – unbedingt zu beachten

Im Mai dieses Jahres hat sich das Bundesgericht in einem Urteil ausfĂŒhrlich mit dem Thema Mitwirkungsrecht der Mitarbeiter beim Wechsel der Vorsorgeeinrichtung beschĂ€ftigt. Die folgenden AusfĂŒhrungen beziehen sich grundsĂ€tzlich auf die Vorgehensweise bei einem Wechsel der beruflichen Vorsorgeeinrichtung und sollen in Erinnerung rufen, was der Arbeitgeber bei einem Wechsel in Bezug auf die Mitwirkungsrechte beachten sollte.

Das besagte Bundesgerichtsurteil (9C_409/2019 v. 5. Mai 2020) setzte sich mit der Frage auseinander, ob in Zusammenhang mit der Auflösung eines Anschlussvertrags fĂŒr die berufliche Vorsorge, die Mitwirkungsrechte der vom Wechsel der Vorsorgeeinrichtung betroffenen Mitarbeiter verletzt worden sind und welche Folgen diese Verletzung auf den Wechsel hat. Die Vorinstanz war in diesem Fall davon ausgegangen, dass die KĂŒndigung im EinverstĂ€ndnis mit den Mitarbeitenden erfolgt ist, da diese von der KĂŒndigung des Anschlussvertrags durch den Arbeitgeber wĂ€hrend der laufenden KĂŒndigungsfrist Kenntnis erhalten und keine EinwĂ€nde eingebracht hĂ€tten.

Das Gesetz ĂŒber die berufliche Vorsorge (BVG) sieht vor, dass das Personal oder – sofern vorhanden – die Arbeitnehmervertretung bei der Wahl oder bei einem Wechsel der obligatorischen Vorsorgeeinrichtung ĂŒber ein Mitwirkungsrecht verfĂŒgt. Mit Arbeitnehmervertretung im Sinne des BVG sind jedoch nicht jene Arbeitnehmervertreter/innen im Stiftungsrat der Vorsorgeeinrichtung gemeint, sondern die Arbeitnehmervertretung der Belegschaft gemĂ€ss Mitwirkungsgesetz. Zudem gilt es zu beachten, dass es hier um ein besonderes Mitwirkungsrecht im Sinne von Art. 11 Abs. 3 bis Satz 1 BVG handelt. Dies bedeutet, dass die Arbeitnehmer nicht nur ein Recht auf Information oder Konsultation, sondern ĂŒber ein Recht auf Mitbestimmung verfĂŒgen.

Das Bundesgericht ist im Rahmen seiner ErwĂ€gungen zum Schluss gekommen, dass im besagten Fall die KĂŒndigung eines Anschlussvertrags mit einer Vorsorgeeinrichtung unwirksam ist, sofern das Personal nicht im Voraus in den Entscheid miteinbezogen wurde und seine Zustimmung erklĂ€rt hat. Eine stillschweigende nachtrĂ€gliche Zustimmung schliesst das Bundesgericht ausdrĂŒcklich aus. Diese wĂŒrde insofern als rechtsmissbrĂ€uchlich betrachtet, weil das Mitwirkungsrecht der Mitarbeitenden auf das Recht auf «Widersprechen» reduziert wĂŒrde.

FĂŒr den Arbeitgeberempfiehlt es sich deshalb, fĂŒr die Zukunft rechtzeitig die Arbeitnehmervertretung in den Prozess miteinzubeziehen. Ist keine Arbeitnehmervertretung vorhanden, muss das Personal kollektiv miteinbezogen werden. Weder das Gesetz noch die Gerichtspraxis schreibt vor, wie das Personal bzw. die Arbeitnehmervertretung informiert und in den Mitentscheidungsprozess miteinbezogen werden muss. Je nach KomplexitĂ€t des Wechsels der obligatorischen Vorsorgelösung und allenfalls der damit verbundenen Änderungen der Leistungen, ist den Mitarbeitenden eine gewisse Zeit zur Meinungsbildung zu gewĂ€hren. Gleichzeitig können zum Beispiel Informationsveranstaltungen oder Town Hall Meetings durchgefĂŒhrt und ausfĂŒhrliche schriftliche Informationen abgegeben werden. In der Praxis hat sich angesichts der KomplexitĂ€t des Themas der Beizug von Spezialisten als hilfreich erwiesen, welche den Mitarbeitenden fĂŒr spezifische Fragen zur VerfĂŒgung stehen können. Ist die Belegschaft aufgrund des Fehlens einer Mitarbeitervertretung in den Entscheidfindungsprozess miteinbezogen worden, darf nicht vergessen werden, das Abstimmungsverfahren festzulegen, d.h. es sind die erforderlichen Quoren und Mehrheiten zu definieren.

Zusammengefasst heisst dies fĂŒr den Arbeitgeber, dass eine blosse Information oder Anhörung in solchen FĂ€llen nicht genĂŒgt und die KĂŒndigung eines Anschlussvertrags rechtlich in einem solchen Fall nicht gĂŒltig wĂ€re. Die Arbeitnehmervertretung resp. die Mitarbeitenden haben gemĂ€ss Bundesgericht der KĂŒndigung des Anschlussvertrags resp. dem Anschlusswechsel zu zustimmen. Sofern keine Einigung bezĂŒglich der KĂŒndigung zustande kommt, entscheidet ein neutrales Schiedsgericht.

Verschiedene Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungen haben in diesem Zusammenhang bereits reagiert und verlangen vom Arbeitgeber eine BestĂ€tigung, dass die Arbeitnehmervertretung resp. die Mitarbeitenden der KĂŒndigung des Anschlussvertrags resp. der Vorsorgelösung zugestimmt haben.

FĂŒr weitere Fragen steht den Mitgliedfirmen von Swissmem Herr Claudio Haufgartner, Ressortleiter Bereich Arbeitgeberpolitik (c.haufgartnernoSpam@swissmem.ch), gerne zur VerfĂŒgung.

Veranstaltungen und Bildungsangebote

Unsere Dienstleistungen zu diesem Thema

Rechtsdienst fĂŒr KMU

Swissmem bietet Unternehmen eine kompetente und praxisnahe Rechtsberatung.

Mehr erfahren

Mitgliedfirmen

Exklusive Bildungsangebote ermöglichen Zugang zu Fachwissen mit hohem Praxisbezug fĂŒr unsere


Mehr erfahren

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Noch Fragen? Wir beraten Sie gerne persönlich.

Claudio Haufgartner
Ressortleiter
+41 44 384 42 26 +41 44 384 42 26 c.haufgartner@swissmem.ch E-Mail
Jetzt Mitglied werden.

Letzte Aktualisierung: 12.08.2020