Das Interview fĂĽhrte Michael Perricone
Sonja Studer, was ist der Kern der riesigen Berufsreform unter dem Namen FUTUREMEM?
Der Name sagt es eigentlich schon: Wir machen unsere Berufe fit für die Zukunft. Die industrielle Produktion verändert sich rasant – und die Berufsbildung muss da mithalten. Die neuen Berufsbilder setzen auf aktualisierte Lerninhalte, neue Lernformen und eine Ausbildung, die flexibler und durchlässiger wird. Im Zentrum steht der Erwerb von Handlungskompetenz: Die Lernenden sollen nicht nur wissen, wie etwas geht, sondern in der Lage sein, in konkreten Situationen selbstständig und verantwortungsvoll zu handeln.
TecTalk – der Podcast der Tech-Industrie
FUTUREMEM – So verändert sich die BerufsbildungEin Team von Swissmem erarbeitet gerade die grosse Bildungs- und Berufsreform: FUTUREMEM. Aber bringt das auch mehr junge Frauen in die Tech-Industrie? Werden die Karriere-Chancen verbessert? Und was hat mit Donald Trump zu tun? Ausbildung ist das Thema des neusten TecTalk.
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Handlungskompetenz – das klingt immer etwas verkopft. Was bedeutet das konkret?
Es heisst eigentlich nur, dass Lernen eng mit der Praxis verknüpft wird. Die Lernenden erkennen, wozu sie etwas lernen – das motiviert, weil es einen klaren Bezug zur späteren Arbeit gibt. Aus Sicht der Betriebe heisst das: Die Lernenden werden schneller produktiv, können schneller Verantwortung übernehmen. Der Unterricht orientiert sich dabei konsequent an realen Arbeitssituationen.
Werden im Rahmen von « FUTUREMEM» auch komplett neue Berufe geschaffen?
Im Moment nicht. Wir konzentrieren uns bewusst auf die Revision der acht bestehenden Berufe. Sie haben sich bewährt, sind breit einsetzbar und lassen sich gut modernisieren. Danach werden wir prüfen, ob zusätzlich neue Berufe notwendig sind, zum Beispiel im Bereich Digitalisierung oder nachhaltige Produktion. Aber zuerst wollen wir diese Revision sauber umsetzen.
Was sind aktuell die grössten Herausforderungen für Unternehmen, die Lernende ausbilden?
Ich sehe zwei zentrale Herausforderungen: Erstens ist es sehr anspruchsvoll geworden, gute Lernende zu finden – insbesondere in den technischen Berufen. Der Wettbewerb um die Talente ist gross, und viele Jugendliche entscheiden sich für andere Wege. Zweitens verändert sich die Arbeitswelt extrem schnell. Neue Technologien, neue Märkte, neue Produktionsprozesse – da mitzuhalten, ist eine Daueraufgabe. Die Berufsbildung muss diese Dynamik abbilden können.
Vor allem junge Frauen sind in technischen Berufen untervertreten. Was können Unternehmen konkret tun, um das zu ändern?
Zunächst einmal: Technische Berufe sind für Frauen und Männer gleichermassen geeignet. Es braucht Köpfchen, Kreativität, Teamgeist – nicht körperliche Kraft. Aber viele junge Frauen kommen gar nicht auf die Idee, einen technischen Beruf zu wählen, weil sie zu wenig Berührungspunkte mit der Industrie haben. Hier können Firmen viel tun: aktiv auf Schülerinnen zugehen, Schnuppertage anbieten, Vorbilder sichtbar machen. Es geht darum, den Zugang zu erleichtern – und zu zeigen, was für Chancen sich in der Industrie bieten.
Wie wĂĽrdest du einer jungen Frau den Beruf der Polymechanikerin schmackhaft machen?
Ich würde ihr sagen: Wenn du gerne tüftelst, Dinge gestaltest und mit deiner Arbeit konkrete Lösungen entwickelst, dann ist das genau das Richtige. Technische Berufe bieten die Möglichkeit, an den grossen Themen unserer Zeit mitzuarbeiten – ob bei der Welternährung, bei der Energieversorgung oder bei neuen Technologien. Man arbeitet im Team, oft interdisziplinär, und in einer exportorientierten Branche wie der Tech-Industrie auch international. Die Verdienstmöglichkeiten sind gut, und die Weiterbildungswege stehen dir offen – bis hin zum Studium. Gerade für Frauen bieten sich hier tolle Karrierechancen.