Es ging darum, dass ein rumänischer Arbeitnehmer seine berufliche E-Mail-Adresse privat nutzte und ihm deshalb gekündigt wurde. Die Entscheidung der grossen Kammer ist rechtskräftig. Sie könnte Einfluss auf die Rechtsprechung in den 47 Mitgliedsländern des Europarates haben, zu denen auch die Schweiz gehört.
Wie sieht die Rechtslage zurzeit in der Schweiz aus?
Grundsätzlich besteht kein Recht auf Internet am Arbeitsplatz. In der heutigen Zeit ist das Internet aber nicht mehr aus der beruflichen und privaten Welt wegzudenken. Die Nutzung des Internets kann ein wertvolles Arbeitsinstrument sein, birgt aber auch nicht unerhebliche Risiken für den Arbeitgeber. Zu denken ist an die Speicherkapazität bei übermässigem «Surfen» und «Mailen», den Einsatz von Arbeitszeit, die Datensicherheit, den Missbrauch etc. Und wie sieht es mit der Überwachung der Internetnutzung aus? Auch diese Seite darf nicht ausser Acht gelassen werden. Eine genaue und unmissverständliche Beschreibung der Internetnutzung in einem entsprechenden Reglement, welches integrierender Arbeitsvertragsbestandteil ist, ist deshalb ratsam.
Was gehört ins Nutzungsreglement?
Gestützt auf sein Weisungsrecht (Art. 321d OR) bestimmt der Arbeitgeber, wie das Internet am Arbeitsplatz gebraucht werden darf. Insbesondere sollte auch der Einsatz für nicht berufliche Zwecke geregelt werden. Üblicherweise erlaubt der Arbeitgeber die private Nutzung von Internet und E-Mail in einem gewissen Mass, solange es die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht einschränkt. Privates «Mailen» oder «Surfen» kann je nach Arbeitsbereich aber auch gänzlich untersagt werden. Bei einem solchen Totalverbot werden das Durchsetzen und die Kontrolle des Verbots aber sehr aufwändig sein.
Je deutlicher das Nutzungsreglement ist, desto besser wissen die Arbeitnehmenden, was zulässig oder untersagt ist. Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte (EDÖB) hat hierzu die Vorlage für ein Reglement erarbeitet. Es ist auf der Homepage des EDÖB im Anhang B des «Leitfadens über Internet- und E-Mailüberwachung am Arbeitsplatz für die Privatwirtschaft» zu finden.
Welche Überwachung der Internetnutzung ist zulässig?
Wie bereits erwähnt, gilt ein besonderes Augenmerk der Überwachungsregelung. Jeder Aufenthalt im Internet hinterlässt Spuren. Diese Aktivitäten im Internet werden in der Regel z.B. durch Server aufgezeichnet. Sogenannte «Logfiles» werden erstellt, welche wiederum grundsätzlich Personendaten im Sinne des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG) sind. Werden diese «Logfiles» bearbeitet, wie z.B. überwacht, müssen die Bestimmungen des DSG eingehalten werden. Diese sind insbesondere: Rechtmässigkeit, Verhältnismässigkeit, Zweckbindung und Transparenz in der Bearbeitung.
Bei einem Totalverbot der privaten Internetnutzung kann der Arbeitgeber personenbezogen Kontrollen durchführen. Eine dauernde personenbezogene Auswertung der «Logfiles» für die Überwachung der Internetnutzung ist aber nach wie vor nicht erlaubt, da die sog. Verhaltensüberwachung gemäss Art. 26 Abs. 1 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz verboten ist.
Heutzutage ist es eher üblich, dass eine verhältnismässige private Nutzung zugelassen wird. Die Internetnutzung kann dann vom Arbeitgeber ohne personenbezogene Auswertung dauernd anonym kontrolliert werden. Im Fall eines Verdachts könnten personenbezogen Kontrollen der Internetnutzung vorgenommen werden. Eine solche Handhabe muss aber unmissverständlich im Nutzungsreglement verankert sein.
Wohin geht die Entwicklung?
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die heutigen IT-Geräte den Zugang zur privaten Nutzung enorm vereinfacht haben, dürfte dies auch eine Lockerung der Anwendung der Regeln zur Kontrolle des Geschäfts-E-Mails nach sich ziehen. Denn der Arbeitnehmer hätte die Wahlfreiheit, seine privaten E-Mails über ein anderes als das Geschäftskonto zu verwalten.
So oder so ist man gut beraten, auch die Überwachung der Internetnutzung und die Art und Weise des Vollzugs vorgängig detailliert und klar im Nutzungsreglement zu regeln.
Die Überwachung scheint im Urteil des EGMR wesentlich gewesen zu sein. Demnach soll der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht genügend und umfassend über die Möglichkeit und das Ausmass von Kontrollen vorab informiert haben.
Es bleibt zu beobachten, wie sich das Urteil des Europäischen Gerichtshofes in Zukunft auf die Rechtsprechung auswirken wird.
Dieser Beitrag stützt sich auf die Ausführungen des EDÖB. Weitere Informationen und wertvolle Erklärungen und Bespiele erhalten Sie auf seiner Homepage.
Für weitere Fragen steht den Mitgliedfirmen von Swissmem Barbara Zimmermann-Gerster, Ressortleiterin Bereich Arbeitgeberpolitik gerne zur Verfügung (044 384 42 10).